Alle Jahre wieder findet eine Weltklimakonferenz statt. Was wurde bislang erreicht?
Der Umweltgipfel von 1992 in Rio de Janeiro brachte als Ergebnis die UN-Klimarahmenkonvention. Seither gibt es die Weltklimakonferenzen in Form der COP. Ein erster Meilenstein war das bei der COP 3 in Japan verabschiedete Kyoto-Protokoll, das 2005 in Kraft trat. Bei der COP 22 im Jahr 2015 in Paris folgte das als "historisch" gefeierte Klimaabkommen. Im Dezember 2018 verabschiedete die Staatengemeinschaft bei der COP 24 im polnischen Katowice ein "Regelbuch", das den Weg für die Umsetzung des Pariser Abkommens bereiten soll.
Was steht in Madrid auf dem Programm?
Die Konferenz in Madrid soll, wie es Steffen Bauer vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik formuliert, die Weichen stellen für das Schlüsseljahr 2020. Erst dann nämlich beginnt formal die Umsetzung des Pariser Abkommens von 2015.
Auf dem Prüfstand stehen die dazu eingereichten Nationalen Klimaschutzpläne, im Konferenzsprech NDCs genannt. Sie sollen wesentlich dazu beitragen, das große Ziel des Pariser Abkommens zu erreichen: den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Unstrittig ist, dass die nationalen Einzelpläne deutlich ambitionierter ausfallen müssen, damit sie in der Summe dieses Ziel erreichen können. In Madrid will die Staatengemeinschaft beraten, wie das möglichst schnell geschehen kann und wie die nationalen Vorgaben künftig geprüft und angepasst werden können.
Ein zweiter Schwerpunkt liegt auf sogenannten Marktmechanismen wie etwa dem Emissionshandel. Vereinfacht ausgedrückt können Länder, die weniger Treibhausgase ausstoßen, Zertifikate an andere Nationen mit einem höheren Ausstoß verkaufen. Zusätzlich haben Industriestaaten die Möglichkeit, ihren CO2-Ausstoß durch Investitionen in erneuerbare Energien in ärmeren Ländern zu kompensieren. Diese Ansätze enthält bereits die Vorgängervereinbarung von Paris, das Kyoto-Protokoll. Offen ist aber, nach welchen Regeln das ablaufen sollen und ob diese Regeln eher strikt oder flexibel zu formulieren sind.
Der dritte Bereich betrifft die finanzielle Unterstützung von reicheren Staaten für jene Länder, die bereits jetzt von den Folgen des Klimawandels betroffen sind. Wer kommt wie für klimabedingte Schäden und Verluste ("loss and damage") auf?
Wer bremst, wer drückt aufs Tempo?
Die Lage ist äußerst uneinheitlich. Beispiel USA: Der Ausstieg von Präsident Donald Trump aus dem Pariser Abkommen wird im Herbst 2020 wirksam. Damit bleibt bei künftigen Konferenzen ein wichtiger Player und potenzieller Geldgeber außen vor. Zugleich gibt es in US-Städten und -Bundesstaaten sowie in der Zivilgesellschaft eine große Bereitschaft, im Kampf gegen den Klimawandel am Ball zu bleiben.
Bislang ist dem Beispiel der US-Regierung niemand gefolgt; allerdings gilt Brasilien als Wackelkandidat. Wie schon bei vergangenen Konferenzen könnten sich die Schwellenländer China und Indien als Vermittler profilieren. Japan und der EU bescheinigen Experten ein großes Interesse, bei den Verhandlungen zu Erfolgen zu kommen.
Das EU-Parlament rief kurz vor der Konferenz den "Klimanotfall" aus - eine eher symbolische Geste. Weder Deutschland noch Europa als Ganzes erreichen die selbst gesteckten Ziele. Politisch befindet sich die EU zudem mit dem Wechsel der Kommission in einer Umbruchphase. "Den hehren Ankündigungen der neuen Kommission steht ein Glaubwürdigkeitsdefizit der bisherigen EU-Klimapolitik gegenüber", so Klima-Experte Bauer.
Bei den G20, der Gruppe der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, sieht es nicht viel besser aus. Sie sind für 80 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Mit Saudi-Arabien übernimmt 2020 ausgerechnet ein Staat den Vorsitz, der dank seiner noch sprudelnden Erdölquellen geringes Interesse an einer ambitionierten Klimapolitik hat.
Ist Deutschland von den Folgen des Klimawandels betroffen?
Ja, sagt Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Laut dem von ihrem Ministerium und dem Umweltbundesamt vor wenigen Tagen vorgelegten Klimabericht hat sich beispielsweise die mittlere Lufttemperatur in Deutschland von 1881 bis 2018 um 1,5 Grad erhöht. Allein in den vergangenen fünf Jahren verzeichneten die Experten einen Anstieg um 0,3 Grad. Das bedeutet zum Beispiel mehr "heiße Tage" über 30 Grad; 1951 waren es drei, inzwischen sind es rund zehn. Eine Folge: Die Zahl der Hitzetoten nimmt zu.
Was macht eigentlich Greta?
Greta Thunberg segelt ein zweites Mal über den Atlantik - diesmal Richtung Europa. Zu ihrer ersten Atlantiküberquerung war die 16-jährige Schwedin unter anderem mit dem Ziel angetreten, in Chile an der Weltklimakonferenz teilzunehmen. Nach der kurzfristigen Änderung des Konferenzortes machte sich Thunberg wieder auf den Weg zurück nach Europa. Sie hoffe, Anfang Dezember in Lissabon zu sein, twitterte sie vor gut einer Woche; das Treffen in Madrid endet offiziell am 13. Dezember. Die Erfahrung lehrt allerdings, dass die Verhandlungen meist mindestens noch einen Tag in Verlängerung gehen.