"Initiative Pontifex" zur Reformdebatte

Neuevangelisierung statt Synodalem Weg

Die katholische Kirche hat sich am Wochenende auf den "Synodalen Weg" begeben. Wie dieser Reformprozess aussehen sollte, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen.

Kirche auf dem Weg / © leolintang (shutterstock)

Die "Initiative Pontifex" plädiert für einen Schwerpunkt Neuevangelisierung.

DOMRADIO.DE: Die Initiative Pontifex ist vielleicht nicht jedem bekannt. Können Sie uns kurz erklären, was das für eine Initiative ist?

Benno Schwaderlapp (Initiative Pontifex): Die Initiative Pontifex ist aus der Generation Benedikt hervorgegangen, die sich nach dem Weltjugendtag 2005 gegründet hatte, und die eine Brücke bauen möchte zwischen der Kirche und den Medien, zwischen kirchlichen Positionen und sowohl kirchlichen als auch säkularen Medien. Wir sind ungefähr 25 junge Leute, die zwar nicht alle Theologen sind, sogar eher die Minderheit, aber eben kirchlich sozialisiert. Wir stehen treu zur Lehre des Papstes und der Kirche und dementsprechend positionieren wir uns auch in Bezug auf den Synodalen Weg.

DOMRADIO.DE: Sie kritisieren in einem öffentlichen Schreiben den Synodalen Weg sehr heftig. Sie befürchten, so heißt es in dem Schreiben, dass in Foren mit den Themen "Frauen" und "Hierarchie" die Gefahr bestehe, dass dort ausschließlich häretische Ansätze verfolgt würden, also Ansätze, die der kirchlichen Lehre widersprechen. Warum?

Schwaderlapp: Im Bezug auf die Frauenfrage hat der Heilige Papst Johannes Paul II. das eigentlich endgültig geklärt. Und wer die Hermeneutik der Lehre in der Kirche aus Konzilien, Tradition, Bibel und päpstlichen Entscheidungen akzeptiert, dem muss eigentlich klar sein, dass die Frage der Frauen ja in der katholischen Kirche endgültig geklärt ist. Hier werden Hoffnungen geschürt, die in keiner Weise erfüllt werden können. Und wenn dort ein anderer Ansatz aus der deutschen Kirche kommt, wäre das nach unserer Auffassung und eigentlich auch nach Auffassung der katholischen Lehre häretisch.

Wenn es dort nur darum gehen soll, Frauen in mehr Führungspositionen zu bringen, sehe ich da überhaupt kein Problem darin. Das kann aber auch jeder Bischof selber machen. Das hat mit der Hierarchie im Prinzip ja auch zu tun. Die Kirche ist nun mal hierarchisch aufgebaut. An der Spitze steht Christus. Darunter kommen die Amtsträger der Kirche, die ja eine Vollmacht erhalten haben und dementsprechend ihr Amt ausüben. Und wenn jetzt auf demokratischem Wege, wie es ja der synodale Prozess vorsieht, demokratische Strukturen eingeführt werden sollen, die diese Hierarchie, das heißt, auch die Vollmachten der Bischöfe, untergraben sollen oder sogar überstimmen sollen, ist das mit der hierarchischen Verfasstheit der Kirche ebenfalls nicht vereinbar.

DOMRADIO.DE: Aber dass es Reformen geben muss, dass die Kirche sich neu aufstellen muss, davon gehen sie ja auch aus. Wie kann und muss das denn konkret aussehen?

Schwaderlapp: Nach unserer Auffassung braucht es eine Neuevangelisierung Deutschlands und eine Neuevangelisierung weltweit. Die muss im Prinzip bei jedem persönlich beginnen. Jeder persönlich muss sich gerade jetzt im Advent, ein guter Zeitpunkt dafür, neu auf den Weg machen, sich Christus zuwenden, sein Gebetsleben überdenken, seine moralischen Ansichten überdenken, sich wieder stärker Christus zuwenden, seine Beziehung zu Christus neu stärken. Und dafür bräuchte die Kirche sicherlich auch an vielen Stellen neue Sprachmöglichkeiten oder neue Wege, wie sie das mit den Menschen vermitteln kann.

Nach unserer Einschätzung sind aber der Synodale Weg und die dort überlegten Reformen, die jetzt im Vorhinein viel kolportiert wurden, und die ja sehr, sehr alt sind – das ist ja nicht erst seit dem Missbrauchsskandal aufgekommen –, nach unserer Auffassung ungeeignet, um gerade jetzt junge Menschen wieder in die Kirche zu treiben.

DOMRADIO.DE: Welche Reformen wären Ihrer Meinung nach geeigneter, um die Brücke zu den jungen Menschen zu bauen?

Schwaderlapp: Aus meinem eigenen Pfarreileben kann ich sagen, dass zum Beispiel die Katechese, das heißt die Glaubensunterweisung auch gerade junger Menschen in den letzten Jahren und Jahrzehnten praktisch nicht stattgefunden hat. Das heißt, junge Menschen haben überhaupt keine Ahnung, warum die Kirche bestimmte Lehrmeinungen vertritt. Ich selber bin als junger Mensch mit diesen Vorurteilen aufgewachsen, wie: "Die Kirche ist einfach gegen Kondome und will eigentlich Aids verbreiten in Afrika". Das hat man so in den Medien gehört, das ist nie hinterfragt wurden.

Bis ich dann irgendwann das Glück hatte, eine katechetische Bildung zu erfahren und zu hören, dass es da gute für Gründe gibt und dass die Sexualmoral der Kirche wohlbegründet ist und eben kein Luftschloss ist, das man baut, um die Menschen zu ärgern. Sondern dass es dafür eine biblische Grundlage gibt, eine Traditionsgrundlage. Eine lehramtliche Grundlage, die wohlbegründet und eben keine fixe Idee ist, die man mal sich überlegt hat, um es den Menschen schwer zu machen. Und ich glaube, dass gerade die Katechese und auch das gemeinsame Gebet die Heranführung vor allem junger Menschen nach der Firmung an die Kirche sehr, sehr wichtig wäre, um das wieder stärker in den Vordergrund zu rücken.

DOMRADIO.DE: Nun waren es ja auch die Strukturen in der katholischen Kirche, die den sexualisierten Missbrauch an Kindern ermöglicht und nicht aufgehalten haben. Da wurde vertuscht, da wurden vorbestrafte Priester von einem zum anderen Bistum hin- und hergeschoben. Was muss sich denn da in den Strukturen ändern, damit gerade so etwas nicht noch einmal passiert?

Schwaderlapp: Es gibt ja die Idee, es müssten sich nicht die Strukturen ändern, sondern es müsste sich die Sexualmoral ändern, weil die das im Prinzip auch ermöglicht hätte. Das halte ich ehrlicherweise für ziemlich absurd, weil die Sexualmoral der Kirche ist nun mal, ich sage das jetzt mal ganz salopp, die strengste, die wir so in der Welt kennen. Abgesehen vielleicht von einigen extremen Strömungen im Islam. Aber das Problem ist ja, dass sich an diese Moral nicht gehalten wird – und nicht, dass die Moral falsch ist.

Und ich glaube, die Strukturen, die jetzt zum Beispiel im Erzbistum Köln angestoßen wurden, sind sehr gute Wege. Es gibt einen Missbrauchsbeauftragten, an den man sich wenden kann. Zudem erfolgt die klare Meldung jeder Straftat an die Staatsanwaltschaften und dort Ermittlungsverfahren. In der Jugendarbeit gibt es diese Missbrauchspräventionsschulungen, die jeder Erwachsene, der mit Jugendlichen arbeitet, und jeder Jugendliche, der mit Kindern arbeitet, durchlaufen muss, um sensibel zu sein für Anzeichen, wo Jugendliche sich in dieser Hinsicht vielleicht nicht öffnen können, um dann dort die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen. Deswegen glaube ich, ist die Kirche da eigentlich auf einem guten Weg. Dass in der Vergangenheit dort Fehler gemacht wurden, das steht, glaube ich, außer Zweifel.

DOMRADIO.DE: Für sie sind kirchliche Lehrmeinungen wie Zölibat oder Frauenpriestertum unverhandelbar und unverrückbar. Warum?

Schwaderlapp: Der Zölibat ist ja natürlich verhandelbar, weil er eine kirchenrechtliche Regelung ist. Ich halte den Zölibat aber für sehr wertvoll. Ich glaube, dass es unglaublich wichtig ist, dass Priester und Bischöfe mit ihrem Leben die Lebensform Jesu widerspiegeln und sich voll und ganz in den Dienst der Kirche, Gottes und der Menschen stellen. Die Frage des Frauenpriestertums ist, glaube ich, theologisch sehr gut begründet worden von Johannes Paul II. – und auch danach noch von der Glaubenskongregation weiter ausgeführt worden.

Das sind einfach Argumente, die für mich sehr schlüssig sind. Wie gesagt: Wenn man der Meinung ist, päpstliche Entscheidungen seien für einen selbst als Katholiken nicht bindend, oder man könnte sich darüber hinwegsetzen und weitergehende Forderungen aufstellen, die mit der Lehre nicht vereinbar sind, dann, finde ich, muss man sich schon fragen, ob die katholische Kirche noch die richtige Heimat für einen ist.

Das Interview führte Michelle Olion.

 

Quelle:
DR