Wie Bischof Overbeck die Lage der Kirche einschätzt

Befinden uns in einer "Zeitenwende"

Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck sieht die katholische Kirche durch die Missbrauchsskandale in einer Zeitenwende. Worin sich das äußert und wie er in die Zukunft blickt, verriet er bei seiner Neujahrspredigt im Essener Dom.

Bischof Franz-Josef Overbeck im Essener Dom (Archiv) / © Julia Rathcke (KNA)
Bischof Franz-Josef Overbeck im Essener Dom (Archiv) / © Julia Rathcke ( KNA )

Zwar sei die Glaubwürdigkeit der Kirche und das Vertrauen zu Priestern und Bischöfen "erschüttert", betonte der Bischof am Mittwoch in seiner Neujahrspredigt im Essener Dom. Daneben erlebe er aber "eine Freimütigkeit des Denkens und Redens", wie es sie lange nicht gegeben habe.

"Es wird heftig gestritten, Vieles infrage gestellt, nach Reformen gerufen." Dies finde seinen Ausdruck etwa im geplanten Reformdialog Synodaler Weg der katholischen Bischöfe und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK).

Diskussionsbedarf

Overbeck rief die Gläubigen dazu auf, sich aktiv an den Debatten des Reformprozesses zu beteiligen. "Die Zeitenwende, die uns aufgegeben ist, verlangt eine gründliche Umkehr, weg von der Institution, hin zu den einzelnen Menschen und deren Nöten", erklärte der Bischof. "Wir lernen vor allem, dass die Kirche immer wieder neu für die Menschen da sein und ihnen dienen muss. Sie ist kein Selbstzweck."

Diskussionsbedarf sieht der Geistliche unter anderem bei der Frage nach der priesterlichen Lebensform. Es müssten Konsequenzen aus der Erfahrung gezogen werden, "dass das zölibatäre Leben für nicht wenige Priester eher eine schwere Last bedeutet und keine Befreiung für einen größeren Dienst ist".

Synodaler Weg als Chance

Overbeck sprach sich ebenfalls dafür aus, sich der "Jahrhundertfrage" der Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche zu stellen. Er habe festgestellt, dass die Begründungen dafür, Frauen nicht zu Weiheämtern zuzulassen, für viele Menschen nicht mehr akzeptabel seien: "Darum sind wir in unserer Kirche gut beraten, heute keine Mauern auf Dauer zu verfestigen, mit denen Frauen die Teilhabe an der Mitverantwortung verweigert wird."

Der Synodale Weg biete die Chance, eine neue Diskussionskultur einzuüben, die nicht zu Spaltungen führe, sondern "Spannungen und Widersprüche zusammenführt und sie auszuhalten lernt", sagte Overbeck. "Das wird bedeuten, darauf verzichten zu können, um jeden Preis Recht haben zu wollen oder gar als Sieger aus strittigen Diskussionen hervorzugehen. Das bleibende Fundament wird uns auf diesem Weg darum umso stärker verbinden müssen, nämlich gemeinsam Christen zu sein, weil wir in Gemeinschaft ehrlich danach suchen, was es heute bedeutet, in der Nachfolge Jesu zu leben."

 

Quelle:
KNA