Und wieder hat er einen Knaller zu bieten. Bei der vorigen "Mehr" präsentierte Initiator Johannes Hartl noch das vielbeachtete Buch "Mission Manifest - Die Thesen für das Comeback der Kirche". Diesmal kündigt der katholische Theologe und Chef des Augsburger Gebetshauses zum Start der zwölften Ausgabe seiner ökumenischen Glaubenskonferenz Folgendes an: ein neues Freiluft-Christenfestival für bis zu 15.000 Jugendliche. Medienprofi Hartl verspricht schlagzeilenträchtig ein Event "wie 'Rock im Park', aber mit Gottes Botschaft".
Gottesferne trifft man nicht
Anfang August 2021 soll das Spektakel auf dem Gelände des Kaltenberger Ritterturniers in Oberbayern stattfinden - zusammen mit anderen Christen-Gruppen und unterstützt von den katholischen Jugendbischöfen Deutschlands und Österreichs, Stefan Oster und Stephan Turnovszky. Hartl wirbt, das mehrtägige, konfessionsübergreifende Fest werde "hochgradig einladend" sein auch für junge Leute, "die mit dem Glauben noch nicht so viel anfangen können".
Auf der "Mehr" trifft man solche Gottesfernen nicht. Im Gegenteil: Mal wünscht jemand lautstark Segen, mal legt sich jemand still vor einem Kreuz auf den Boden. Viele Ordensleute sind zu sehen, auch ältere - Menschen nicht-weißer Hautfarbe hingegen so gut wie keine. Insgesamt zählen die Veranstalter gut 12.000 Teilnehmer und 60.000 Livestream-Nutzer - "Rekord". 38 Prozent der Vor-Ort-Gäste sind demnach katholisch, 37 Prozent freikirchlich, 23 Prozent evangelisch, die meisten wohl charismatisch orientiert.
Sie alle bewegen sich auf der "Mehr" unter dem Motto "Colors of Hope". Hartl erklärt dazu: Menschen, die aus einer Beziehung zu Gott lebten, könnten "Hoffnungsfarben in die Welt tragen".
Hipsterflohmarkt-Atmosphäre
Blau, rot, grün, orange erstrahlen sodann die Messehallen. Mal sind die Leuchten gedimmt wie beim wissenschaftlichen Theologie-Forum, mal werden sie zum Lichtgewitter, besonders bei den Lobpreis-Konzerten. Menschen schwenken dann verzückt ihre Arme und tänzeln wie in Trance. Wer es indes laser-, leidenschafts- und lautstärkeärmer mag, bummelt lieber übers Ausstellerforum. In Hipsterflohmarkt-Atmosphäre präsentieren sich da etwa das Bistum Trier, das Institut für Natürliche Empfängnisregelung und der Verein zur Förderung des internationalen christlichen Filmes.
Apropos: Auch ein bekannter Schauspieler gibt sich die Ehre: Samuel Koch, der seit seinem "Wetten, dass..?"-Unfall 2010 querschnittgelähmt ist. Koch sagt, Gott sei dem Menschen nicht unter Vorbehalten von Leistung zugewandt: "Er liebt mich, weil ich bin."
Lobesworte - aber auch Kritik
Und Martin Ossenberg liebt die "Mehr". Der 39-jährige Coburger ist hergekommen, "weil Konfessionen hier nicht als Grenze verstanden werden". Er - selbst Freikirchler - empfinde Konfessionen als Spaltung und damit als traurig. "Es gibt nur einen Leib Christi, nicht viele Leiber." Auch die 22-jährige Katholikin Elisabeth Strüber aus Paderborn ist "Mehr"-begeistert: "Besonders die Musik berührt mich. Ich brauche das für mein Glaubensleben."
Bei Twitter gibt es unter dem Hashtag #Mehr2020 viele ähnliche Lobworte. Aber auch Kritik. "Kaschperltheater", ätzt jemand. Ein anderer ärgert sich über die Eintrittspreise von fast bis zu 200 Euro: "nicht mehr bezahlbar". Außerdem tadelt ein Nutzer, es bräuchten "weder Zelebranten noch Predigt Applaus - ist doch keine Bühnenshow".
Nächste Konferenz im Januar 2022
Gemeint war ein Gottesdienst mit dem Augsburger Weihbischof Florian Wörner. Doch auch danach brandet noch mal Beifall für einen Prediger auf: für Kardinal Kurt Koch, den Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen. Er feiert am letzten Konferenztag den Schlussgottesdienst und warnt dabei vor dem Verlust des Heiligen. Dagegen feie die Anbetung Gottes. In ihr halte der Mensch das Heilige lebendig und könne es so wieder in den Alltag bringen. Insofern führe die Anbetung "zu einer neuen Achtsamkeit dem Leben und der Schöpfung gegenüber".
Bis die nächste Anbetung auf der "Mehr" möglich ist, dauert's nun zwei Jahre. Die 13. Ausgabe soll vom 6. bis 9. Januar 2022 stattfinden. Mal schauen, welchen Knaller Johannes Hartl dann zünden wird.