Während die Führer der Evangelikalen im Weißen Haus ein und aus gingen, hielt US-Präsident Donald Trump die Katholiken in seinen ersten drei Amtsjahren auf Distanz. Darin spiegelt sich auch das schwierige Verhältnis zwischen ihm und der katholischen Kirche wider. Anders als unter den Evangelikalen, die zu den treuesten Anhängern des Präsidenten zählen, gehen die Meinungen bei den Katholiken weit auseinander.
Je weißer, männlicher und älter die Gläubigen, desto wahrscheinlicher ist laut Umfragen, dass sie Trump wählen. Unter den Latinos, Frauen und jungen Katholiken ist es genau entgegengesetzt. Die einen preisen die Positionen des Präsidenten zu Abtreibung und Religionsfreiheit, die anderen beklagen seine harte Haltung gegen Flüchtlinge und offenen Rassismus.
Offener Konflikt mit Papst Franziskus
Nicht entgangen ist gläubigen Katholiken Trumps offener Konflikt mit Papst Franziskus über das Einwanderungsthema - was nach Ansicht von Analysten zu erklären hilft, warum Trump in Umfragen rund neun Prozent Unterstützung bei den weißen Katholiken verloren hat. Die Meinungsforscher des auf Religionsthemen abonnierten Instituts PRRI ermittelten kürzlich, dass die Mehrheit der Katholiken (52 Prozent) derzeit ein negatives Bild des Präsidenten habe.
Vor gut drei Jahren holte Trump noch 52 Prozent der katholischen Stimmen - und lag bei weißen Katholiken sogar um 23 Punkte vor Hillary Clinton. Damit wurden die Katholiken wieder mal ihrem Ruf gerecht, bei Präsidentschaftswahlen stets für den Wahlsieger zu stimmen.
Zu Beginn des Wahljahres 2020 geht Trump nun in die Offensive, um das Verhältnis zu der nach den Evangelikalen zweitwichtigsten Wählergruppe zu verbessern. "Ich habe ein großartiges Verhältnis zu den Katholiken", behauptete der Präsident kürzlich auf eine Reporterfrage im Weißen Haus, warum diese ihm wieder seine Stimme geben sollten. "Ich habe so viel für die Katholiken getan! Schauen sie sich nur mal das Abtreibungsthema an."
"Ernsthafte Bemühungen, die Gläubigen zu erreichen"?
Um das weiter hervorzuheben, will Trump zu den Teilnehmern des diesjährigen "Marschs für das Leben" am Freitag (24. Januar) in Washington sprechen. Wohl nicht ohne Hintergedanken beim Timing ist Vizepräsident Mike Pence diese Woche in Rom; er wird für Donnerstag beim Papst erwartet. Im März nimmt Trump dann erstmals am traditionellen "National Catholic Prayer Breakfast" teil.
Es gebe derzeit "ernsthafte Bemühungen, die Gläubigen zu erreichen, lobt Tim Huelskamp von der Lobbygruppe "CatholicVote.org". Der ehemalige Kongressabgeordnete der Republikaner aus Kansas gehörte zu der Gruppe konservativer Katholiken, die Trump kurz vor Weihnachten zu einem Gedankenaustausch im Weißen Haus empfing; Laienaktivisten wohlgemerkt, nicht Bischöfe.
Das Treffen machte im Nachhinein Schlagzeilen, als die "Washington Post" herausfand, dass Huelskamp seine trumpfreundlichen Glaubensfreunde als Dankeschön in das Hotel des Präsidenten an der Pennsylvania Avenue eingeladen hatte. Für ein paar tausend Dollar mehr ließen sich die rund 50 Gäste dort Drinks, "Jumbo-Shrimps" und "Beef Wellington" schmecken.
Jenseits der Abtreibungsfrage wenig Schnittmengen
Laut einer Umfrage des katholischen TV-Senders EWTN und RealClearPolitics vom Dezember gibt es jenseits der Abtreibungsfrage nur wenig Schnittmengen zwischen Trumps Top-Themen und denen der Katholiken. Ob Klimawandel, das Verhältnis der Ethnien oder das wachsende Wohlstandsgefälle in den USA: All das gewichten US-Katholiken offenbar höher als Fragen der Religionsfreiheit oder die Besetzung des Verfassungsgerichts.
Jedoch: Wahlen werden nicht im Abstrakten gewonnen, sondern in konkreten Wahlkreisen, die auf der Kippe stehen. Näherhin geht es um die alten Industriegebiete im sogenannten Rostgürtel der USA, in dem viele weiße, weniger gebildete katholische Wähler leben, die Trump schon 2016 halfen. Dort könnte die Initiative des Weißen Hauses durchaus Wirkung entfalten.
Huelskamp und seine Organisation wollen dafür gezielt die Werbetrommel rühren; und auch daran erinnern, wie viele Katholiken einflussreiche Positionen in Trumps Regierung bekleiden: von Justizminister William Barr über Mick Mulvaney, Stabschef im Weißen Haus, bis hin zu seinem Justiziar und Verteidiger im Impeachment-Verfahren, Pat Cipollone.
Von Thomas Spang