Eine Karateschule im Kloster

Passt das zum ruhigen Ordensleben?

Benediktinerbruder Marcus wechselt regelmäßig zwischen Habit und Karateanzug. Denn neben seinem Klosterleben unterrichtet er Kinder in der Kampfkunst. Mit seiner Schule zieht er nun auf das Klostergelände Königsmünster. Passt das zusammen?

Symbolbild Karate / © vectorfusionart (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Karate, wie passt das zum ruhigen Klosterleben?

Bruder Marcus Görl OSB (Benediktinerbruder in der Abtei Königsmünster): Karate heißt übersetzt "leere Hand". Das bedeutet so viel wie "ohne Gewalt" und "ohne Waffen". Karate ist kein menschenverachtender Kampfstil, wo es um Wettkampfsport geht oder jemanden zu besiegen. Vielmehr steht dabei die innere Gelassenheit, Bescheidenheit sowie Respekt im Vordergrund.

DOMRADIO.DE: Das heißt, Sie sehen sogar Parallelen zwischen dem klösterlichen Leben und der Ausübung des Kampfsports Karate?

Bruder Marcus: Ja, richtig. Die Ursprünge sind auch spiritueller Natur. In Japan bezeichnet man Karate gar nicht als Kampfsport, sondern als Kampfkunst. Da geht es mehr darum, sein Inneres zu betrachten. Eigentlich heißt die richtige Bezeichnung: Karate-Do. Das wird mit "Der Weg" übersetzt.

DOMRADIO.DE: Karate hat also auch etwas Spirituelles für Sie?

Bruder Marcus: Es ist ein Weg, durch den die Existenz der Philosophie, Religion und das Bewusstsein für menschliche Werte in sich sichtbar wird. Deshalb ist in Japan jemand erst ein wirklicher Karate-Meister, wenn er das auch vorleben kann.

DOMRADIO.DE: Bisher war Ihre Karate-Schule im Stadtkern von Meschede. Am Samstag wird sie in den Räumen der Abtei Königsmünster neu eröffnet. Haben Ihre Mitbrüder keine Sorge, dass Sie mit dem Karate-Sport auch den Buddhismus in das Kloster holen?

Bruder Marcus: Nein, der Buddhismus ist nichts Falsches oder etwas Negatives. Im Gegenteil. Ich würde es als interreligiösen Dialog bezeichnen, dass man sich mit vielen Dingen auseinandersetzen kann.

DOMRADIO.DE: Ihre Schüler kommen dann zwangsläufig mit dem Kloster in Kontakt, wenn Sie bei Ihnen Karate trainieren. Wollen Sie Ihre Schüler dann auch bewusst mit Glaubensthemen konfrontieren?

Bruder Marcus: Im Karate-Do gibt es so eine Art Schüler-Lehrer-Beziehung. Wenn ich einen Schüler über Jahre begleite, ist es natürlich schön, wenn er weiß, wo ich hingehöre. Bei mir ist es nun mal so, dass ich als Benediktinermönch hier im Kloster lebe. Für mich ist das eine tolle Sache, dass die Schüler zu mir in ein Kloster kommen und ich denen vom Glauben und Spiritualität etwas vorleben kann. Es ist schön, dass ich das mit Karate verbinden kann.

DOMRADIO.DE: Haben Sie da auch schon Gespräche geführt oder gemerkt, dass da auch etwas auf der anderen Seite bei den Schülern ankommt, womit Sie gar nicht gerechnet haben?

Bruder Marcus: Der Abt hat schon Schüler von mir getauft. Die setzen sich schon mit Spiritualität auseinander. Auch mit den Fragen: Was macht denn Bruder Marcus im Kloster? Was hält ihn denn im Kloster? Sie lernen, dass Karate kein Kampfsport ist, sondern eine Kampfkunst, eine Philosophie, die dahintersteckt.

Das Interview führte Dagmar Peters.


Symbolbild: Karate / © N.N. (shutterstock)
Quelle:
DR