Die Kinderhospizexpertin Gaby Letzing sieht im Fachkräftemangel eine ernsthafte Bedrohung für die Arbeit mit schwerstkranken Kindern. Die stationären Kinder- und Jugendhospize könnten teilweise nicht mehr alle zur Verfügung stehenden Plätze anbieten, sagte Letzing dem Evangelischen Pressedienst.
Wartelisten werden länger
Zugleich würden die Wartelisten immer länger, sagte sie anlässlich des "Tages der Kinderhospizarbeit" an diesem Montag. "Irgendwann werden wir die Kinder nicht mehr so versorgen können, wie sie es benötigen. Jeder redet beim Fachkräftemangel von alten Menschen. Die schwerstkranken Kinder werden vergessen. Es ist eigentlich schon viertel nach zwölf."
Dabei sei die Kinderhospizarbeit nach jahrzehntelangen Anstrengungen endlich in der Gesellschaft angekommen, betonte die Leiterin des Kinder- und Jugendhospizes "Löwenherz" in Syke bei Bremen. Auch die gesetzlichen Voraussetzungen für die Finanzierung der Arbeit seien mittlerweile gut.
Eltern opfern sich bis zur Erschöpfung auf
Die Medizintechnik sei so weit, dass Kinder, die beatmet werden müssten, zu Hause leben könnten. "Trotzdem kommen sie oft nicht von den Intensivstationen runter, weil auch die ambulanten Pflegedienste nicht genügend Personal haben." Familien fänden für die Pflege ihrer Kinder zu Hause nicht genügend Fachkräfte, beklagte Letzing. Noch prekärer werde die Lage, wenn Intensivstationen wegen des Pflegekräftemangels schließen müssten. "Das gefährdet das Leben der kleinen und schwerkranken Kinder."
Oftmals opferten sich die Eltern bis zur völligen Erschöpfung für ihre Kinder auf. Letzing berichtete von einer alleinerziehenden Mutter, die 177 Stunden lang ohne Pause ihr intensivpflegebedürftiges Kind betreut habe, weil Pflegekräfte des ambulanten Dienstes kurzfristig ausgefallen waren. "Das ist unhaltbar. So lange kann kein Mensch wach bleiben."
Bundesweit 15 Einrichtungen
In ihrem Hospiz "Löwenherz" habe sie im vergangenen Jahr zeitweise nur einen Teil statt der vorhandenen zwölf Plätze anbieten können, erklärte Letzing. Das Dilemma werde sich durch die neue generalisierte Ausbildung noch verschärfen, die erst spät eine Spezialisierung zur Kinderkrankenpflege erlaube. Die Einrichtungen müssten dann noch stärker als bisher fortbilden. "Von der Eins-zu-eins-Betreuung der kleinen Patientinnen und Patienten haben wir uns schweren Herzens bereits verabschiedet."
Letzing leitet das Kinder- und Jugendhospiz "Löwenherz" seit der Gründung 2003. Damals gab es bundesweit vier Einrichtungen für lebensbegrenzend erkrankte Kinder und ihre Familien, heute sind es 15.