DOMRADIO.DE: Der Side-Event zur Münchner Sicherheitskonferenz am Donnerstag war hochkarätig besetzt: Ex-US-Außenministerin Madeleine Albright, Ex-Außenminister Joschka Fischer und Kardinal Marx waren dabei. Haben sie eine gemeinsame Linie gegen Atomwaffen vertreten?
Martin Pilgram (Diözesanvorsitzender Pax Christi München und Freising): Das kann man so einfach nicht sagen. Ich denke, die gemeinsame Linie war: Man muss Atomwaffen bannen. Das war wohl bei allen Dreien herauszuhören. Aber wie kommt man dahin? Bei der Frage waren sie doch sehr unterschiedlich. Herr Fischer hat den Staatsmann gegeben und gesagt, dass das alles ganz schwierig ist und es ewig lange dauere. Frau Albright meinte, es müsse mehr Druck gemacht werden, dass das vorankommt und wir wieder zu den Rüstungskontrollvereinbarungen zurückkommen, die wir in der Vergangenheit hatten. Es müsse klare Vereinbarungen darüber geben, wie viele oder welche Atomwaffen es wo gibt. Insgesamt müsse vereinbart werden, wie Rüstung auf allen Seiten gehandhabt wird. Vielleicht in Zukunft auch mit anderen Ländern.
DOMRADIO.DE: Kardinal Marx hat gesagt, wir als Kirche können die Ressource Hoffnung zur Debatte um atomare Abrüstung einbringen. Ist das nicht ein bisschen naiv?
Pilgram: Das hört sich ein bisschen naiv an, aber er hat es ja in Zusammenhang gestellt. Man hat ihn gefragt: Wie kann sich die Kirche engagieren? Was bewegt die Kirche besonders? Er hat geantwortet: Jeder, der sich engagiert, muss auch irgendwie davon leben. Die Hoffnung, die die Kirche einbringen kann, ist das Engagement, das trägt. Er sagt nicht: Wir setzen uns alle in einen Sessel, warten ab und hoffen, sondern wir engagieren uns. Dabei trägt uns die Hoffnung. Er hat sich zum Beispiel auch bei Pax Christi bedankt, dass katholische Organisationen wieder stärker den Fokus dahin richten, dass wir - genauso wie der Papst sagt - Atomwaffen abschaffen müssen.
DOMRADIO.DE: Wie haben Madeleine Albright und Joschka Fischer auf die Worte von Kardinal Marx reagiert?
Pilgram: Joschka Fischer hat immer gesagt, ja, das ist alles nicht so einfach, und wir können als Deutsche nicht vorpreschen, gerade als Nicht-Atomwaffenstaaten. Was nicht ganz stimmt, weil Deutschland durch die nukleare Teilhabe und die Atomwaffen in Büchel doch irgendwie beteiligt ist. Frau Albright hat gesagt, wir müssen die Zivilgesellschaft stärken und Druck machen, dass da was kommt. Im Augenblick gibt es eher mehr Atommächte, wodurch es nur noch gefährlicher in dieser Welt wird.
DOMRADIO.DE: Pax Christi als katholische Friedensbewegung engagiert sich von Anfang an gegen Atomwaffen. Jetzt haben Sie parallel zur Sicherheitskonferenz zusammen mit anderen Gruppen auch ein Friedensgebet organisiert.
Pilgram: Das wurde erst einmal von der Diözese angestoßen. Die Diözese hat gesagt, in diesem Jahr ist das Thema Friede auf der Tagesordnung der Hilfswerke. Deshalb hat die Diözese vorgeschlagen, dass die Hilfswerke und andere Gemeinschaften in der Diözese ein Gebet für den Frieden parallel zur Sicherheitskonferenz mittragen könnten. Pax Christi hat als erste Organisation am Morgen von 10 bis 11 Uhr gebetet. Andere Organisationen, auch Hilfswerke wie Misereor, missio, Renovabis oder Ordensleute übernehmen dann nach und nach bis morgen Abend andere Gebetsstunden. So begleiten wir dann die Sicherheitskonferenz auf unsere Weise.
DOMRADIO.DE: Ist das Thema Bann von Atomwaffen Ihrer Meinung nach auf der Sicherheitskonferenz ausreichend berücksichtigt?
Pilgram: Ich weiß es nicht so ganz. Die großen Staatsmänner sind ja alle nicht da. Trump, Xi Jingping sind nicht da. Die Frage ist, ob es diesmal mehr darum geht, wie sich Europa besser verteidigen kann. Wie kann die Sicherheit in Europa erhalten bleiben? Ich glaube schon, dass das Thema Atomwaffen ein bisschen zu wenig berücksichtigt wird. Zumal ja auch im nächsten Jahr praktisch der letzte Vertrag ausläuft, der eine Begrenzung von Atomwaffen irgendwie beinhaltet.