DOMRADIO.DE: Was bedeutet das Aschekreuz auf der Stirn?
Dr. Katrin Bauer (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte): Das Aschekreuz wird in den Gottesdiensten verteilt. Es ist aus der Asche von Tannenzweigen und wird symbolisch den Gläubigen mitgegeben, sodass sie die Vergänglichkeit des eigenen Lebens präsent haben.
DOMRADIO.DE: Aschermittwoch und Karfreitag waren ja früher Abstinenztage. Wird das heute überhaupt noch ernst genommen?
Bauer: Man könnte vielleicht sagen, es gibt so eine Art Revival. Es ist sicherlich so, dass bis in die 1950er Jahre die Zeit von Aschermittwoch bis Ostern die Fastenzeit war, an die man sich sehr streng gehalten hat. Das hat damit zu tun, dass die Kirche einen viel größeren Einfluss auf unser alltägliches Leben hatte, als sie es heute hat.
Damals war es tatsächlich so, dass man auf Fleisch verzichtet hat, auf alle tierischen Produkte eigentlich. Das heißt, man hat keine Eier gegessen, keinen Käse, keine Milch getrunken. Das ist heute sicherlich nicht mehr so oder gilt nur für sehr wenige Christen, die das noch sehr ernst nehmen. Trotzdem gibt es Speisen, die auch heute noch eine Rolle spielen. Zum Beispiel das Fischessen, was heute am Aschermittwoch traditionell durchgeführt wird.
DOMRADIO.DE: Wobei heute ein Fischessen nicht mehr wie früher ein Arme-Leute-Essen ist.
Bauer: Wenn man sich die Speisekarten der Restaurants anguckt, dann ist das eigentlich ein Festessen. Es ist ein üppiges Essen mit Buttersauce und exquisiten Fischen, wie Lachs. Es ist nicht mehr der Fisch, der hier in unseren heimischen Gewässern vorkommt, sondern es sind wirklich tolle Speisen, die da angeboten werden.
DOMRADIO.DE: Dann ist der Aschermittwoch, wenn heute ganz viel Fischessen stattfindet, gar kein Abstinenztag?
Bauer: Das ist richtig. Da kommen wir wieder zum Aschermittwoch als Übergangs- oder Schwellentag. Gerade für Karnevalisten ist der Aschermittwoch ein Tag, um sich der Gemeinschaft bewusst zu werden. Die Karnevalsvereine veranstalten ganz oft ein Fischessen, damit man noch ein letztes Mal gemeinsam isst, bevor dann jeder seinen eigenen Weg bis Ostern geht.
DOMRADIO.DE: Wenn man insgesamt betrachtet, wie sich die Fastenzeit verändert hat, hat man den Eindruck, dass gar nicht mehr unbedingt die Lebensmittel im Mittelpunkt des Fastens stehen, sondern dass andere Dinge in den Vordergrund rücken. Genussmittel sind noch dabei, aber viele legen mal das Handy zur Seite oder verzichten auf das Auto oder auf Plastik. Ist das auch Ihr Eindruck?
Bauer: Das ist sicherlich so. Man kann sagen, dass das Fasten individueller geworden ist. Jeder legt für sich selber fest, auf was er verzichtet. Oft geht es nicht mehr unbedingt um Fleisch oder Alkohol, sondern es geht eher um Dinge, die einem heute wirklich wichtig sind und wo es schwerfällt, darauf verzichten. Ein Beispiel dafür ist das Handy.
Es gibt auch Aktionen der Kirchen. Die evangelische Landeskirche beispielsweise hat das Klimafasten ausgerufen, bei dem man in den sieben Wochen bis Ostern ganz bewusst ein nachhaltigeres Leben führen soll. Da kann man zum Beispiel auf dem Weg zur Arbeit mal auf das Auto verzichten. Es geht also um Dinge, die heute vielleicht sogar mehr weh tun, als wenn man einfach nur auf Fleisch verzichtet.
Das Interview führte Dagmar Peters.
Information der Redaktion: Dieses Interview wurde am 26.02.2020 geführt.