Manches sei "vom Zeitgeist vergangener Jahrhunderte geprägt und entspricht nicht unbedingt dem Evangelium Jesu Christi", so Feige in seinem Brief "Synodaler werden".
Als Beispiel nennt Feige die katholische Morallehre. "Sie hat dazu geführt, dass ältere Christen mit dem Thema Sexualität oftmals nur Angst und Sünde verbinden. Andererseits halten sich inzwischen viele überhaupt nicht mehr an entsprechende Gebote und Verbote, liegen Theorie und Praxis in diesem Bereich weit auseinander.
Reformbedarf bei katholischer Sexualmoral
Hier gibt es einen dringenden Reformbedarf." Die katholische Sexualmoral müsse "unter Berücksichtigung humanwissenschaftlicher Erkenntnisse weiterentwickelt werden, um den Menschen in diesem sensiblen Bereich ihrer Liebesbeziehungen gerechter zu werden", fordert der Bischof.
Mit Blick auf den begonnenen Reformdialog Synodaler Weg der katholischen Kirche in Deutschland ruft Feige die Gläubigen auf, sich "wohlwollend und konstruktiv" darauf einzulassen. Er empfiehlt, "keine unnötigen Gegensätze" aufzubauen, etwa zwischen dem Evangelium und Strukturreformen. "Wenn es unheilvolle Strukturen gibt, die das Evangelium zum Beispiel durch Machtmissbrauch verdunkeln, dann braucht es auch eine Reform solcher Strukturen. Das ist ein zutiefst geistlicher Prozess."
Kein "nationaler Sonderweg"
Auch sei es "künstlich oder sogar polemisch", der "Einheit mit der Weltkirche" den "nationalen Sonderweg" als Alternative entgegenzusetzen. "Schließlich ist unsere weltweite Kirche kein Monolith, sondern existiert als eine Einheit in Vielfalt. Das Evangelium wird in vielen Sprachen verkündet und in sehr unterschiedlichen kulturellen Kontexten gelebt. Nicht überall muss alles genauso gehandhabt werden. Wichtig ist aber, darüber ins Gespräch zu kommen und entscheidende Veränderungen abzustimmen", so Feige.
Beim Synodalen Weg beraten die katholischen Bischöfe und das Zentralkomitee der Katholiken über die Zukunft kirchlichen Lebens in Deutschland. Die Initiative ist auf zwei Jahre angelegt. Schwerpunktthemen sind die Sexualmoral, die priesterliche Lebensform, Macht und Gewaltenteilung sowie die Rolle von Frauen in der Kirche.