DOMRADIO.DE: Sie vermitteln solche Pflegekräfte aus dem Ausland. Welche Erfahrungen haben Sie in den vergangenen zwei Wochen gemacht: Bleiben tatsächlich schon viele Pflegerinnen weg?
Monika Broy (Seniorenberaterin aus Erftstadt): Ja, das muss man leider sagen. Die Kräfte haben unterschiedliche Informationen, wie gefährlich die Lage oder wie hoch die Ansteckungsmöglichkeit ist. Sie fürchten, dass sie sich infizieren könnten und bleiben deswegen lieber zu Hause, was natürlich zu einem Engpass führt. Hinzu kommt, dass wir uns jetzt schon in der Vorosterzeit befinden, die auch noch einmal eine schwierige Zeit ist.
DOMRADIO.DE: Was bedeutet das dann für die Familien, die ihre Angehörigen nicht selbst betreuen können?
Broy: Zum Glück, kann ich sagen, konnten wir bis jetzt alle Wünsche erfüllen und alle Lücken füllen. Aber ich würde keine Garantie mehr übernehmen. Das sage ich auch den Familien, die nachfragen, weil es unwägbar ist, denn manche Kräfte sagen im letzten Moment ab.
DOMRADIO.DE: Die Pflegenden haben teilweise Angst, dicht an dicht in den Bussen zu sitzen, wo viele Menschen zusammensitzen, teilweise fahren auch keine Busse mehr. Haben sie Angst vor der Krankheit oder eher vor diesem engen Zusammensein mit den zu betreuenden Personen?
Broy: Das weniger, weil sie sagen: "Im Prinzip sind es ja die alten Menschen, die geschützt werden sollen." Im Grunde kann man sagen, wenn sie einmal da sind, sind sie sicher, sofern sie sich unterwegs nichts zugezogen haben. Die alten Menschen sind ja weitgehend abgeschirmt, sodass von ihnen keine Ansteckungsgefahr ausgeht. Außer das Virus wird eingeschleust.
DOMRADIO.DE: Wie sieht es in den Altenheimen aus? Die können wahrscheinlich auch keine zusätzlichen Menschen mehr stationär aufnehmen?
Broy: Im Moment ist es zum Glück noch nicht so. Die Politiker sagen, wir befinden uns im Moment vor dem großen Ansturm. Sie vergleichen das mit einem Unterseebeben, bei dem sich das Wasser zurückzieht und dann mit großer Wucht, einem Tsunami, zurückkommt. Das kann passieren, muss aber nicht. Aber auf diese Gefahr hin reagieren jetzt manche und sagen: "Wenn das hier so gefährlich ist, wollen wir uns lieber schützen."
DOMRADIO.DE: Wie soll das weitergehen? Hätten Sie eine Idee, wie man die fehlende Betreuung regeln oder überbrücken könnte?
Broy: Wir reden den Kräften gut zu, damit die, die jetzt Zweifel haben, ob sie kommen sollen, vielleicht doch den Entschluss fassen und eine Reisemöglichkeiten finden. Wir schlagen auch vor, dass sie nicht in Bussen kommen, sondern dass beispielsweise Angehörige sie bis zur polnischen Grenze bringen, von wo wir Transfers mit kleinen Bussen oder mit Pkws organisieren, damit sie nicht dicht gedrängt mit vielen anderen Menschen hierher fahren müssen.
DOMRADIO.DE: Wie stark hat sich das Coronavirus Sars-Cov-2 in den Ländern verbreitet, aus denen diese Menschen herkommen?
Broy: Ich habe nur gehört, dass die polnischen Bürger geschützt werden sollen. Deswegen hat Polen auch Sicherheiten eingebaut: Die Kräfte, die von Deutschland nach Polen einreisen, sind sofort automatisch für zwei Wochen unter Quarantäne, um festzustellen, ob sie sich hier in Deutschland infiziert haben.
Daraus würde ich den Schluss ziehen, dass die polnischen Bürger vielleicht im Moment noch in einer besseren Situation sind als wir hier in Deutschland, wo wir einige Hotspots haben, von wo aus man nicht genau weiß, wie schnell sich das weiterverbreitet. In Hamburg und im Kreis Heinsberg hat sich das Virus stark verbreitet. Derzeit ist man nicht in der Lage, die Ausbreitung einzudämmen. Die Maßnahmen, die jetzt getroffen worden sind, mit den Einschränkungen in der Bewegungsfreiheit, die greifen ja jetzt erst in den nächsten ein bis zwei Wochen. Dann wird man vielleicht absehen können, ob diese Beschränkung der Bewegungsfreiheit Resultate erzielen.
DOMRADIO.DE: Inwieweit bereiten Sie sich auf eine mögliche Versorgungslücke in der Pflege vor?
Broy: Die Kräfte, die wir vermitteln, stehen mit uns in einer ganz guten Verbindung. Ich glaube, dass manche auch kommen, um den Familien, die sie ja kennen, einen Gefallen zu tun und deshalb wiederkommen. Oder wenn wir sagen, dass im Grunde die Gefahr in der Familie selbst nicht so groß ist, sondern der Transfer das Problem ist: Dann bieten wir da Lösungen an, dass sie zu uns nach Deutschland kommen, um uns zu helfen.
Das Gespräch führte Dagmar Peters.