Vor den höchsten christlichen Feiertagen Karfreitag und Ostern nimmt die Debatte um die Gottesdienstverbote an Fahrt auf. "Macht Karfreitag und Ostern die Kirchen auf", forderte etwa der Bestsellerautor und evangelische Theologe Peter Hahne.
Eine Berliner Gemeinde aus dem traditionalistischen Spektrum wehrt sich auch gerichtlich und verteilt weiter die Mundkommunion. Mehrere katholische Bischöfe dagegen äußerten Verständnis für die Einschränkungen und betonten zum Beispiel, "dass es unter den gegebenen Bedingungen ein Akt der Nächstenliebe ist, sich nicht zu begegnen".
Hahne fordert, trotz der Corona-Pandemie Karfreitag und Ostern die Kirchen zu öffnen. Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag) sagte der Publizist: "Getränkemärkte haben auf, das Gotteshaus nicht. Wem wollen Sie das erklären?" Eine solche Öffnung ließe sich mit einfachen Mitteln sicher gestalten - mit "Abstand statt Leerstand" wie etwa im Supermarkt.
Schutzmaßnahmen und Religionsfreiheit
Wer wie er selbst zur Risikogruppe zähle, könne zu Hause bleiben - dies aber aus freien Stücken, ergänzte der frühere ZDF-Moderator und fügte hinzu: "Ein Verbot des Staates, sogar mit Strafen, ist ein Angriff auf die Religionsfreiheit." Derzeit sind die meisten Kirchen im Land zwar zeitweise geöffnet für einzelne Besucher und Beter, aber es finden keine Gottesdienste und Versammlungen statt.
Verständnis für geschlossene Gotteshäuser zeigte der evangelische Staats- und Kirchenrechtsprofessor Hans-Michael Heinig. Zwar handele es sich um einen einmaligen und "fraglos massiven Eingriff in die religiösen Freiheitsrechte" , doch es gehe "um die Grundlagen eines zivilisierten Zusammenlebens, um die Verhinderung eines ungehinderten Massensterbens".
Traditionalistische Gemeinschaft klagt in Berlin
Eine traditionalistische Gemeinschaft in Berlin wehrt sich unterdessen auch gerichtlich gegen das Gottesdienstverbot. Mit dem Argument, dass für Kirchen keine strengeren Regeln gelten sollten als für Supermärkte, hat der "Freundeskreis St. Philipp Neri" vor dem Verwaltungsgericht Berlin geklagt. Laut einem Bericht von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR wurde in der Kirche St. Afra am Wochenende auch die Mundkommunion ausgeteilt. Die Gemeinschaft feiert Gottesdienste in traditioneller lateinischer Liturgie und ist nicht dem katholischen Erzbistum Berlin unterstellt, sondern eine Einrichtung päpstlichen Rechts.
Nach Auffassung der Gemeinde ist das ausnahmslose Verbot sämtlicher öffentlicher Gottesdienste unverhältnismäßig, weil die Gesundheit der Gläubigen in der Kirche deutlich effektiver zu gewährleisten sei als in vielen Supermärkten, die ja geöffnet blieben. Ein Sprecher des Verwaltungsgerichts sagte, mit einer Entscheidung sei demnächst zu rechnen.
Verständnis für Einschränkungen
Mehrere katholische Bischöfe äußerten Verständnis für die Einschränkungen, auch wenn diese schmerzhaft und schwer zu ertragen seien. Regensburgs Bischof Rudolf Voderholzer etwa sagte: "Mit Tränen in den Augen müssen wir lernen und akzeptieren, dass es unter den gegebenen Bedingungen ein Akt der Nächstenliebe ist, sich nicht zu begegnen."
Auch Würzburgs Bischof Franz Jung betonte, dass Christen sich nicht über die derzeitigen Regelungen hinwegsetzen sollten: "Denn gesegnet sind, die im Namen des Herrn kommen, wenn sie sich nicht eigenmächtig über die derzeitigen Einschränkungen hinwegsetzen, sondern aus Rücksicht und Liebe zu ihren Nächsten gut mit dieser Ausnahmesituation umgehen."
Kardinal Woelki: Schutz des Lebens an erster Stelle
Osnabrücks Bischof Franz-Josef Bode forderte die Menschen auf, in der Karwoche und an den Ostertagen zu Hause zu bleiben. Für alle sei es lebensrettend, sich an die momentanen Abstandsregeln und andere Vorgaben zu halten. "Ich glaube, auch so kann man Ostern feiern", ergänzte der Bischof.
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki zeigte Verständnis für Forderungen nach Exit-Strategien aus der Corona-Krise. "Für viele Menschen geht es um ihre Existenz", sagte er. Momentan stehe aber der Schutz des Lebens an erster Stelle.
Auch der Magdeburger Bischof Gerhard Feige verteidigte die Absagen der Gottesdienste. Es gehe nicht um Selbsterhaltung, sondern um Solidarität mit allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern.