Ethikrat gegen "voreiliges" Datum für Ende der Ausgangssperre

Frustration vermeiden

Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Peter Dabrock, hat vor einer voreiligen Festlegung auf ein Ende der Ausgangssperren und Kontaktauflagen gewarnt. Vorab müsse man auch schauen, welchen Schaden der Lockdown bewirkt.

Leere Straße in Berlin / © Britta Pedersen (dpa)
Leere Straße in Berlin / © Britta Pedersen ( dpa )

"Wenn man nur auf den Zeitrahmen schaut und zum Beispiel den 19. April nennt, um womöglich festzustellen, dass das Datum doch nicht haltbar ist, dann sind die Menschen frustriert", sagte der Erlanger Theologie-Professor den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag).

Dabrock hält es für "sinnvoller", ein Ende der Maßnahmen nach sachlichen Kriterien und nach den sozialen Konsequenzen auszurichten. "Wir müssen schauen, dass wir die Kapazitätsgrenzen erhöhen und allmählich die Gruppenimmunität stärken. Zudem müssen wir prüfen, welchen Schaden der Lockdown bewirkt", so der Theologe.

Man dürfe aber nicht herunterrechnen, was der Schutz eines einzelnen Lebens koste oder kosten dürfe. Es könne sein, dass das Gesundheitssystem bei der Versorgung der Corona-Patienten an seine Kapazitätsgrenzen stößt. "Aber solche logistischen Probleme sollte man nicht mit einer Kostendebatte künstlich vermischen.", erklärte Dabrock.

Vertrauen in Rechtsordnung und Gesundheitssystem

Natürlich könnten sich Mediziner in einer Notsituation nicht von dem Wissen freimachen, "dass der eine Patient eine höhere Lebenserwartung als der andere hat. Da kommt er in fürchterliche, seelische Not bereitende Situationen." Man dürfe aber nicht den 80-Jährigen vom Beatmungsgerät nehmen, um an seiner Stelle die 35-Jährige Mutter zu behandeln. "Das wäre objektiv nicht rechtens, da beißt die Maus keinen Faden ab."

Ebenso wenig dürfe bei Infizierten der Eindruck entstehen, "die Ärzte werden mich hinten anstellen, nur weil ich alt oder krank bin".

Den Ethikrat habe in seiner Beurteilung der so genannten Triage geleitet, einen Ausgleich zwischen drei Gütern einigermaßen zu bedenken: Vertrauen in Rechtsordnung und Gesundheitssystem sowie eine möglichst hohe Rechtssicherheit für Mediziner, die oft Übermenschliches leisteten. Die Position des Ethikrats sei, dass der Arzt bei Beachtung von fachgesellschaftlichen Empfehlungen "mit der Milde der Rechtsordnung rechnen kann".


Ethik-Professor Peter Dabrock  / © Uwe Zucchi (dpa)
Ethik-Professor Peter Dabrock / © Uwe Zucchi ( dpa )
Quelle:
KNA