"Alexa, das Gebetbuch öffnen!", befiehlt Diego Oscar Elola seiner digitalen Sprachassistentin. "Welches Gebet darf ich sprechen?", fragt Alexa zurück. "Vater unser", sagt der katholische Pfarrer - und Alexa und Elola beginnen zu beten. Wer Elola auf Instagram folgt, kann mitbeten.
Das Internet als Mittel der Seelsorge nutzt der Mannheimer Pfarrer, da war von Corona noch keine Rede. "Die sozialen Netzwerke sind die neue Kanzel der Kirche", ist Elola überzeugt. Facebook, Youtube, Instagram - der 40-Jährige bedient alle Kanäle. "Was ich mitteilen möchte, ist Leidenschaft und Begeisterung", sagt er, "ich vertrete mich nicht selbst, sondern etwas Größeres, Jesus ist in mir, in jeder Aktion, die ich als Priester gestalte."
Leitung der spanischsprachigen Gemeinde in Mannheim
Elola ist Argentinier. 2010 verlässt er seine Heimat und übernimmt die Leitung der spanischsprachigen Gemeinde in Mannheim. Doch bevor er die Stelle antritt, lernt er Deutsch, fast schon verbissen. Monatelang. Er will sich integrieren - und das heißt für ihn: kommunizieren. "Ich bin ständig in Kommunikation", sagt Elola. Er entdeckt, dass es in Mannheim einen "Bartmann" gibt, auf Instagram. Weil er selbst Bart trägt, folgt er ihm. Als andere aus der Gruppe erfahren, dass er Pfarrer ist, sagen sie, er müsse mit einem eigenen Auftritt ins Internet.
"Pfarrer Diego" nennt sich Elola. Er postet Bilder von sich und seinen Freunden, von seiner Schwester in Argentinien, von seinem Urlaub in Österreich. Er dreht Videos von Kirchen, postet Verse aus dem Evangelium, Fotos von Sonnenuntergängen und dem Oktoberfest, Bilder von Paaren, die er getraut und von Kindern, die er getauft hat. Seine Fangemeinde wird immer größer; Medien werden auf ihn aufmerksam, er wird zur Fernseh-Talkshow "3nach9" im NRD eingeladen.
Kirche im virtuellen Raum
"Die Apostel haben die Menschen seinerzeit auch ganz individuell angesprochen", meint Elola. Heute fänden sich viele über die digitalen Medien. Für Elola ist es da nur konsequent, dass die Kirche auch im virtuellen Raum präsent ist. Als die Coronakrise viele dorthin zwingt - ist Elola schon dort.
Für seine Online-Gottesdienste richtet Elola die kleine Kapelle in seinem Büro der spanischsprachigen Gemeinde in den Mannheimer Quadraten ein. Er stellt Scheinwerfer, Lautsprecher und Mikrofon auf, ein Schrank wird zum kleinen Altar. Am Sonntagmorgen um 11 Uhr geht es los. "Jetzt stehen wir auf, innerlich, weil wir vielleicht im Wohnzimmer sind oder vielleicht noch im Bett, um das Evangelium zu hören", sagt Elola. Die Kamera wackelt manchmal, die Musik spielt mal zu laut, mal zu leise. Die Kopfhörer gefallen ihm nicht, bei denen mit Kabel verheddert er sich, bei den kabellosen hat er später Kopfschmerzen.
Aber Don Diego, wie er sich selbst nennt, ist Don Diego, ganz er selbst, ganz authentisch. Dafür bewundern ihn Menschen, deshalb folgen sie ihm. "Follower" wie die Anhängerschaft in den sozialen Netzwerken heißt, hat er bei Facebook knapp 3.000.
Neue Wege der Evangelisierung
"Das ist Evangelisierung. Sie sehen mich als netten Menschen, und dadurch gebe ich meine Botschaft weiter." Je gottes- oder kirchenferner die Menschen sind, desto mehr freut sich Elola über Interesse. Denn dort will er sein, ihnen den Glauben näherbringen. Er findet, dass die Kirche hierfür eine Menge Gigabytes verwenden sollte in der Hoffnung, dass so manch einer den Weg in die reale Kirche findet. "Was für ein cooler Pfarrer", schreibt jemand auf Facebook, wenn es so einen in ihrer Gemeinde gäbe, sei sie "die erste, die dann wieder regelmäßig in die Kirche kommt".
Vielleicht spielt es in der digitalen Welt, in der Elola unterwegs ist, darum auch keine so große Rolle, dass er im analogen Leben demnächst einen Ortswechsel vornimmt. Er geht nach Sigmaringen und wird dort an der Seite eines Pfarrers arbeiten - um später selbst eine eigene Gemeinde leiten zu können. "Ich verlasse euch bald", lässt er die Mannheimer in einem Video wissen. Auf Instagram hat er bereits ein Foto von Sigmaringen hochgeladen: "Ab Mai mein neues Zuhause."