Sie beansprucht den Titel auf das am besten erhaltene römische Stadttor nördlich der Alpen: Schwarz und massiv thront die Porta Nigra am Anfang der Trierer Fußgängerzone. 1.850 Jahre bewegte Vergangenheit liegen hinter ihr. Seit der Antike wurde fleißig an- und umgebaut, wieder abgerissen, Material entwendet und erneuert. Allein ein Zufall bewahrte die Porta vor dem Schicksal anderer antiker Stadttore, die im Mittelalter zerlegt und als Steinbruch genutzt wurden.
Das Tor stellte als eines von vier Stadttoren mit der Stadtmauer die antike Befestigung von "Augusta Treverorum". Nicht zur Verteidigung, sondern als Prestigeprojekt der Römer, so die Annahme. Erst 2018 gelang es Wissenschaftlern, das Alter der Porta auf nun 1.850 Jahre zu bestimmen: Sie konnten Holz datieren, das in der Porta und der angrenzenden Stadtmauer verbaut wurde. Die Bäume wurden demnach im Winter 169/170 gefällt, die Porta 170 gebaut.
Farbe über die Jahrhunderte verändert
Eine zweite Überraschung: Das Tor war ursprünglich hell. Im Laufe der Jahrhunderte erhielt das Gebäude die heutige schwarze namensgebende Färbung. Rund 7.200 Sandsteinquader aus umliegenden Steinbrüchen verwendeten die Römer für die Porta. Forscher fanden laut Deutschem Archäologischem Institut (DAI) am Gebäude etwa 124 antike Steinmarken und 200 Steinmetzzeichen.
Anders als heute war das Tor in der Antike jedoch symmetrisch; mit drei Stockwerken, zwei Türmen und einem Innenhof. Durch zwei große Tore im Erdgeschoss, die im Notfall mit einem Fallgitter versperrt werden konnten, führte eine Straße von der Stadt nach draußen und weiter nach Koblenz oder Mainz.
Nach dem Abzug der Römer aus der Region im 4. Jahrhundert verlor die Porta an Bedeutung. Diebe klauten Eisenklammern aus den Mauern. Doch während die anderen Stadttore und die Stadtmauer weitgehend zerlegt wurden, hatte die Porta Glück: Der griechische Mönch Simeon reiste um 1030 nach Trier und lebte zurückgezogen im Ostturm der Porta. Nach seinem Tod 1035 erwirkte der Trierer Erzbischof Poppo von Babenberg (1016-47) dessen Heiligsprechung und entwickelte das Gebäude, wo Simeon der Legende nach eingemauert ist, zu einer Pilgerstätte.
Die Porta Nigra als Kirche
Wie die Porta zu der Zeit aussah? "Genaue Befunde fehlen", sagt der Trierer Kunsthistoriker Gottfried Kerscher. Für das 11. Jahrhundert ließen sich nur kleinere Einbauten rekonstruieren, darüber hinaus sei eine "vernünftige Hypothese" nicht möglich. Das Problem: "Alles wurde überformt, überarbeitet und wieder zurückgebaut", so Kerscher. Erst ab dem 12. Jahrhundert lasse sich ein Umbau des antiken Stadttors in eine imposante Doppelkirche belegen.
Über den konkreten Bau im Mittelalter lässt sich wiederum nur spekulieren. Eine Ausstellung in der Porta zeigt Simulationen, die Folgendes nahelegen: Die Tore im Erdgeschoss wurden zugeschüttet, im Innenhof Böden eingezogen und eine Freitreppe ins erste Obergeschoss gebaut. Dort fand die Kirche für die normale Bevölkerung Platz. Darüber wurde ein weiteres Stockwerk für die Oberkirche gesetzt, zudem eine Apsis im Osten angebaut, ein Stock des Ostturms abgerissen und der Westturm vergrößert.
Die Rekonstruktionen basierten auf historischen und archäologischen Quellen, erklärt Archäologe Uwe Mahler von der Generaldirektion Kulturelles Erbe. Es handele sich um "einzelne Mosaiksteine" wie etwa einen Kupferstich von Caspar Merian (1627-1686). Er zeigt die Porta Nigra um 1660 als Simeonkirche - "die früheste Darstellung, die wir haben", sagt Mahler, der für das antike Welterbe in Trier zuständig ist. Manches bleibe Vermutung.
Seit 1986 Unesco-Welterbe
1804 besuchte dann Napoleon Trier und setze der Nutzung der Porta als Kirche ein Ende. Er veranlasste den Rückbau, das antike Tor wurde freigelegt. Von den Jahrhunderten vorher sind heute nur die Apsis sowie Heiligen-Darstellungen erhalten, die im 18. Jahrhundert in die antike Bausubstanz gehauen wurden.
Die Weltkulturorganisation Unesco nahm die römischen Baudenkmäler in Trier 1986 als Welterbe auf, auch die Porta. Am Erhalt und der Restaurierung wird seitdem immer wieder gearbeitet, denn das 1850 Jahre alte Tor ist im Jahr 2020 mitten in der Stadt zunehmend Belastungen durch Schadstoffe und Verkehr ausgesetzt.