Eine menschenfreundliche und würdevolle Kultur des Sterbens, des Todes und der Trauer werde durch die Pandemie und die Maßnahmen zu deren Eindämmung massiv in Mitleidenschaft gezogen, schrieb Claussen in einem am Samstag veröffentlichten Beitrag für das Magazin "Zeitzeichen". "Das 'social distancing' betrifft - verletzt - die Art, wie Menschen sterben und dann aus dem Leben verabschiedet werden."
Sterbende, hochbetagte und durch Demenz beeinträchtigte Menschen bräuchten menschliche Nähe, Zugewandtheit und freundliche Berührung, schrieb Claussen. Unter Corona-Bedingungen sei eine sorgsame Sterbebegleitung kaum oder gar nicht möglich.
Nicht alle Schäden lassen sich später wiedergutmachen
Sowohl die Besuchsverbote als auch die Einschränkungen bei Beerdigungen seien für die Betroffenen sehr schmerzhaft. "Vieles wird sich nachholen lassen, wenn die Lage sich entspannt hat, dies jedoch nicht", betonte der EKD-Kulturbeauftragte.
Natürlich gebe es gute Gründe für die Kontaktverbote, unterstrich Claussen. Es gebe aber auch "sehr gute Gründe, hier über einen schrittweisen Ausstieg aus dem Ausstieg nachzudenken. Denn oft lassen sich die Schäden, die durch die bittere Medizin der Quarantäne angerichtet werden, später nicht mehr wiedergutmachen".
In Maßen Risiko akzeptieren
Ihm stelle sich die Frage, "ob wir nicht auf dem Weg sind, Hochrisiko-Patienten zu Tode zu retten". Der Beauftragte sprach sich zudem für eine "neue gesellschaftliche
Verständigung über Leben und Tod" aus.
Wenn mehr Besuche und eine Sterbebegleitung ermöglicht werden sollten, "müssen wir auch - in Maßen - das Risiko akzeptieren, dass mehr hochbetagte Menschen in Pflegeeinrichtungen sterben", schrieb er.