Bis zu 2.000 Kerzen zünden die Besucher an Spitzentagen in Mariastein an, mindestens 100 Gäste waren es vor der Corona-Krise. Seit dem Lockdown liegt der tägliche Verbrauch noch bei 50 bis 80 Kerzen, sagt Ludwig Ziegerer, der in dem in dem Benediktinerkloster fürs Pilgerwesen zuständig ist. "Und dabei hat das ausgesprochen schöne Frühlingswetter bis vor kurzem noch viele Leute ins Naherholungsgebiet und damit auch nach Mariastein gelockt", so der Ordensmann. Doch im Corona-Jahr 2020 ist auch für die beiden wichtigsten Wallfahrtsorte der Schweiz, Mariastein im Kanton Solothurn und Kloster Einsiedeln im Kanton Schwyz, nichts wie bisher.
Die angezündeten Kerzen sind nicht nur ein Ausdruck der Spiritualität der Besucher - fürs Kloster bedeuten sie schlicht auch einen Teil der Einnahme, sagt Pater Ziegerer. "Die Wallfahrten sind für uns ökonomisch sehr wichtig. Normalerweise hätten wir von Ostern bis Oktober Saison."
Lockdown im Marienmonat
Insbesondere im Marienmonat Mai wären viele Gruppen, Pfarreien und Vereine nach Mariastein gepilgert. "Der Lockdown trifft uns hart", so Ziegerer. Mit dem Wegfall von Pilger-Kollekte, den Umsätzen aus dem Klosterladen sowie dem eingestellten Gästebetrieb seien die Einkünfte derzeit praktisch auf Null gesunken.
Trotzdem wolle man es mit dem Hochfahren im Hinblick auf das hohe Durchschnittsalter der Klostergemeinschaft nicht überstürzen, so der Benediktiner. Der Gästebetrieb bleibe somit mindestens bis Anfang Juni geschlossen, für Gruppen sicher länger.
Ganz ähnlich ist die Situation in Kloster Einsiedeln. "Wir leben ein Stück weit von den Pilgern", sagt der Benediktiner Philipp Steiner. Aus dem früheren Besucherstrom in der berühmten Klosterkirche sei "ein Rinnsal" geworden. Einnahme-Einbußen müsse man zudem beim aktuell geschlossenen Gästebereich sowie bei Pachtbetrieben im Restaurationsbereich hinnehmen. Durch aktuelle Spendeninitiativen, unter anderem im Rahmen einer Aktion zum "Online-Kerzenanzünden", gebe es aber dennoch in geringem Umfang Einnahmen.
Individuelle Besuche möglich
Wenn auch Pilgern in Gruppen derzeit ausgeschlossen ist, sind individuelle Besuche in Einsiedeln und Mariastein grundsätzlich möglich. Die Einsiedler Klosterkirche ist weiterhin zugänglich; allerdings sind zur täglichen Eucharistiefeier und den täglich fünf Chorgebeten der Klostergemeinschaft Besucher in der Kirche nicht zugelassen - bedingt durch die Corona-Schutzmaßnahmen.
Ebenso wenig sind Beichten in Einsiedeln derzeit möglich. Der Orden begründet dies mit der großen Anzahl älterer oder gar pflegebedürftiger Mönche in der Klostergemeinschaft. "Wir wollen bewusst keine Massen nach Einsiedeln einladen, solange der Bund keine Menschenansammlungen erlaubt", sagt Steiner.
In Mariastein bleibt die Gnadenkapelle geschlossen. "Sie ist zu eng, um das Distanzgebot einzuhalten", erklärt Ludwig Ziegerer. Das Gnadenbild steht allerdings derzeit in der zugänglichen Klosterkirche auf dem linken Seitenaltar. Wer ein Gebetsanliegen hat, kann somit laut Ziegerer weiterhin bei der "lächelnden Madonna von Mariastein" ein Opferlicht anzünden.
Andacht per Stream
Das Kloster Einsiedeln bietet virtuelle Alternativen. So werden die Maiandachten an den Sonntagen per Live-Stream übertragen. Zudem gibt die Ordensgemeinschaft auf der Klosterwebsite ab sofort Tipps, wie Pilger eine Online-Wallfahrt zur Schwarzen Madonna von Einsiedeln gestalten können. Darin sind auch Gebetsanregungen enthalten.
Das Motto des Wallfahrtsjahrs 2020 lautet: "Bei Maria zu Hause sein." Das scheint maßgeschneidert zu sein für eine von Homeoffice, Home-Schooling und eingestelltem öffentlichen Leben geprägten Zeit. Doch wurde dieses Motto bereits im November 2019 festgelegt, betont Philipp Steiner. Und es hat für den Ordensmann heute eine besondere Botschaft: "Wenn das Zuhause Mariens in Einsiedeln nicht besucht werden kann, soll man sein eigenes Daheim zum Zuhause Marias machen durch Gebet und Nächstenliebe."