"Der schwarze Adenauer hatte eine grüne Seele", sagt Autor Christian Feyerabend, "und einen grünen Daumen". Die heimliche Sehnsucht nach dem Garten seiner Kindheit habe den ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik geprägt. Das hat auch Sohn Paul einmal über seinen Vater gesagt. Diese Sehnsucht nach Licht und Luft und frischem Grün sei es auch zu verdanken, so Feyerabend, dass Adenauer als Oberbürgermeister von Köln den damals größten Garten Deutschlands in einer Stadt anlegen ließ – den Grüngürtel. Insofern hatte Adenauer auch eine rote Seele, weil er der arbeitenden Bevölkerung Kölns einen eigenen großen Garten bauen ließ.
'Die Bundesrepublik war sen Garten'
‚Adenauer. Der Garten und sein Gärtner` heißt das neue Buch von Christian Feyerabend mit großformatigen Fotos seines Rhöndorfer Gartens von Roland Breitschuh. Ein ganzes Buch über den Garten von Adenauer? Ist das spannend? Gibt das genug her? "Ja", sagt Feyerabend, "denn der Garten war für Adenauer mehr als nur ein simpler Garten. Der Garten war für ihn eine Metapher für sein politisches Handeln". Die Bundesrepublik habe Adenauer wie seinen Garten behandelt, frei nach der von ihm geäußerten Lebensmaxime: "Ich bin Gärtner, der sät, hegt und pflegt und wachsen läßt." Und so habe er auch gewollt, dass die Bundesrepublik wächst und gedeiht, sagt Feyerabend: "Und davon profitieren wir noch heute".
Rhöndorf - sein Gartenparadies
Was im Großen die Bundesrepublik für Adenauer war, das war im Kleinen sein Garten in Rhöndorf. Als Architekt entwarf er die Struktur seines Gartens zunächst in Gedanken und baute dann die Terrassenanlage nach seinen Vorstellungen aus. Dazu hatte Adenauer viel Zeit, denn die Nazis hatten ihn schon 1933 unter Morddrohungen als Oberbürgermeister von Köln vertrieben. So zog er sich nach Rhöndorf zurück und fand in der schwierigen Zeit einen Ausgleich in seinem Garten. Während des Krieges mussten die meisten Blumen allerdings dem Gemüse weichen, das Adenauer anbaute, um die Familie zu ernähren.
Niemals in Jeans
Schon früh gab er der Anlage ein mediterranes Ambiente. Später brachte der Kanzler Adenauer Skulpturen aus Italien mit und ließ eine Bocciabahn mit Flutlicht bauen. Sein Enkel, der ebenfalls Konrad Adenauer heißt, erinnert sich noch gut, wie er im Garten seines Großvaters laufen lernte und mit anderen Kindern in Zinkwannen planschte. Aber auch wenn sein Opa im Garten arbeitete, die Rosen beschnitt oder Unkraut jätete, habe man ihn nie in Freizeitkleidung, in Jeans oder gar kurzer Hose gesehen, erzählt der Enkel. Für Kommentare seiner Tanten habe es schon gesorgt, wenn Adenauer einmal die Hosenträger abgelegt habe und nur einen Gürtel trug. "Er war immer ein Herr – auch im Garten", erinnert sich Konrad, der Enkel im Interview mit DOMRADIO.DE.
Geduld als oberste Tugend des Gärtners
Begeistert von dem neuen Buch über den Gärtner Adenauer und seinen Garten ist auch Literaturkritiker Dennis Scheck, der bei der Buchvorstellung im GREVEN Verlag sagte, dieses Buch habe ihm ganz neue Facetten des Kanzlers nahegebracht. "Ein Buch auch über die wahren Wurzeln der Bundesrepublik", sagte Scheck. Für den Politiker Adenauer war der Garten viel mehr als Rückzugsort und Kraftquelle. Für ihn war der Garten immer auch Metapher für sein politisches Handeln. "Haben sie einen Garten?", soll Konrad Adenauer 1945 den amerikanischen Gouverneur von Köln gefragt haben. Der wollte ihn damals wieder als Oberbürgermeister einsetzen, doch Adenauer lehnte ab, weil er sich zu Größerem berufen fühlte. "Was sollte ich mit einem Garten?", stutzte der Gouverneur. "Da können sie Geduld lernen", antwortete Adenauer.