Im Fall Mbembe hat der Zentralrat der Juden in Deutschland den Antisemitismusbeauftragten Felix Klein erneut gegen Vorwürfe und Rücktrittsforderungen einiger Wissenschaftler verteidigt. Er empfinde die Vorhaltungen als ungerechtfertigt und inakzeptabel, sagte Zentralratspräsident Joseph Schuster am Mittwoch in Frankfurt. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung werde in einer Weise beschuldigt, die persönlich verletzend und diffamierend sei. Klein hatte die Thesen des kamerunischen Denkers Achille Mbeme als höchst problematisch kritisiert und von einem "israelbezogenen Antisemitismus" gesprochen.
"Ich schließe mich der Auffassung von Felix Klein ausdrücklich an", sagte Schuster. "Würde es sich um Missverständnisse seines Werks handeln, hätte Herr Mbembe in seinen Veröffentlichungen im Zuge der Debatte das richtig stellen und seine Position zu Israel eindeutig klären können. Das ist jedoch unterblieben." Er appelliere an alle Seiten, jetzt zu einer sachlichen Diskussion zurückzukehren, "ohne persönliche Diffamierungen".
Offener Brief an Seehofer
In einem Offenen Brief hatten sich vor kurzem Wissenschaftler und Künstler aus 30 Ländern, darunter die deutsche Erinnerungsforscherin Aleida Assmann, hinter Mbembe gestellt; die Kritik an ihm sei der Versuch, Unterstützer der Rechte der Palästinenser zum Schweigen zu bringen. In dem an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) adressierten Schreiben rufen die Unterzeichner dazu auf, Klein nach seiner "schändlichen Attacke gegen Prof. Achille Mbembe" abzuberufen.
Klein selbst hat sich in der Wochenzeitung "Die Zeit" (Donnerstag) zur Wehr gesetzt. Seine Kritik an dem Postkolonialismus-Forscher Mbembe sei kein Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit, wie unterstellt. Wenn Mbembe "bestimmte antisemitische Klischees" bediene, dürfe er sich nicht wundern, dass er auf Widerspruch stoße. Einen Anlass zu einer Entschuldigung sehe er nicht.
Im Kern der Auseinandersetzung stehen Schriften Mbembes, in denen er einen Zusammenhang zwischen dem Holocaust und dem Verhalten Israels gegenüber den Palästinensern hergestellt. Ähnlich wie in den postkolonistischen Staaten Afrikas würden in Israel die einstigen Opfer (die Juden) zu Verfolgern, die Verbrechen und Ungerechtigkeiten wiederholten, so Mbembe. Von der israelfeindlichen Boykottbewegung BDS hat er sich inzwischen distanziert.