Bedford-Strohm verteidigt Verhalten der Kirchen in Corona-Krise

"Freiheit ist auch Dienst am Nächsten"

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, verteidigt das Verhalten der Kirchen in der Corona-Krise. Die Kirchen hätten versucht, unter schwierigen Bedingungen Verantwortung zu üben.

Kreuz und dunkle Wolken / © bioraven (shutterstock)

"Wer den Glauben ernst nimmt, der übt Verantwortung, der wird nicht leichtsinnig und schaut nicht nur auf das Seine", schreibt Bedford-Strohm in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Montag): "Die Kirchen und ihre Mitarbeitenden haben versucht, solche Verantwortung zu üben und unter schwierigen Bedingungen den ihnen aufgetragenen Dienst zu tun."

In der vergangenen Woche hatte die ehemalige thüringische Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) eine Debatte mit ihrer Kritik ausgelöst, die Kirchen hätten zu lange geschwiegen und "Hunderttausende Menschen allein gelassen: Kranke, Einsame, Alte, Sterbende."

"Trost, Zuversicht und innere Kraft"

Bedford-Strohm geht in seinem "Essay über die christliche Freiheit" nicht direkt auf die Debatte ein. Die massiven Corona-Restriktionen seien eine "Einschränkung grundlegender Freiheitsrechte", so der Landesbischof. Freiheit sei aber auch Dienst am Nächsten und gehe "immer einher mit Liebe und Verantwortung". Daher dürfe "nie die erste Frage sein: Wie können wir schnellstmöglich wieder ungehindert in unseren Kirchen Gottesdienste feiern?"

Entscheidend sei vielmehr, dazu beizutragen, "dass unser Gesundheitssystem nicht an einen Punkt kommt, an dem Menschen qualvoll sterben". Gleichzeitig müssten die Kirchen alles tun, Menschen Trost und Zuversicht zu geben sowie die innere Kraft, "so mit dieser nie dagewesenen Situation umzugehen, dass nicht der Geist der Furcht die Oberhand gewinnt".

"Eine Last, die wir zu tragen haben"

Gerade bei der Seelsorge in Seniorenheimen und Krankenhäusern sei das mit unauflösbaren Zielkonflikten verbunden, ergänzte Bedford-Strohm: Dabei den "Menschen auch etwas schuldig geblieben zu sein, ist eine Last, die wir zu tragen haben". Durch eingeschleppte Viren bedingte Häufungen von Todeszahlen in Heimen einfach zu ignorieren, wäre aber verantwortungslos. 

Schmerzlich sei es auch, Gottesdienste nicht gemeinsam in den Kirchen feiern zu können: "Aber sie sind nicht einfach ausgefallen, sie haben wie viele andere Veranstaltungen in anderer Form stattgefunden - oft digital und mit zum Teil überraschend großer Resonanz, gerade bei Menschen, die wir sonst kaum erreichen."

"Gott ist kein Rachedämon"

Zu der Frage, wo Gott in einer solchen Krise sei, schrieb der Landesbischof, Gott sei "kein Rachedämon; er schickt kein Virus, um Menschen zu bestrafen, und dazu noch so, dass damit zuallererst die Schwachen und Verletzlichen getroffen werden".


Heinrich Bedford-Strohm / © Harald Oppitz (KNA)
Heinrich Bedford-Strohm / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA