DOMRADIO.DE: Was hat es auf sich mit dieser Aktion?
Rosa Maria Bianco (Arbeitet bei Kein Veedel für Rassismus): Ganz einfach: Es wird langsam Zeit, ein Zeichen zu setzen, was vielleicht auch nachhaltiger ist als eine Kundgebung. Und wenn in ganz Köln diese Fahnen mit der Botschaft "Kein Veedel für Rassismus" zu sehen sind, dann hoffe ich, dass Menschen dadurch auch in Dialog treten, dass mehr geredet wird und vielleicht auch der eine oder andere Protestwähler bereit ist, ein bisschen nachzudenken.
Die Bürger, die Kölner und die Kölnerinnen möchten Zeichen setzen. Das haben wir letztes Jahr gesehen auf dem Chlodwigplatz, als wir Luftballons mit unserer Botschaft eine Woche vor der Europawahl verteilt haben.
DOMRADIO.DE: Wie bekommt man denn so eine Fahne?
Bianco: Die Fahnen sind aus einem sehr hochwertigen Stoff. Sie werden in Deutschland produziert. Das war uns auch ganz, ganz wichtig. Sie sind wetterfest, UV-beständig, waschbar, langlebig. Sowas ist nicht günstig, aber wir haben es mit den Fernhandel Köln geschafft, den Preis auf 5 Euro festzulegen. Die Fahne bekommt man über Crowdfunding. Wir müssen eine gewisse Stückzahl abnehmen, um auch auf diesen Preis zu kommen. Da wir alle Ottonormalverbraucher sind, können wir uns das nicht ohne weiteres leisten.
Also haben wir gedacht, wir machen ein Crowdfunding. So können sich die Kölner und Kölnerinnen diese Fahne selbst finanzieren. 22 000 Euro haben wir bereits gesammelt, um 5000 Fahnen auf jeden Fall zu drucken - das haben wir in acht Wochen geschafft. Wir möchten aber gerne 11 000 Fahnen drucken, um das Geld zu sammeln, dafür haben wir noch zwei Wochen Zeit.
DOMRADIO.DE: Wie ist denn die bisherige Resonanz zu dem Ganzen? Ich habe gesehen, Sie haben auch prominente Unterstützung bei der ganzen Initiative.
Bianco: Sie müssen sich vorstellen, drei Tage nachdem das Crowdfunding begonnen hat, wurde die bundesweite Kontaktsperre erlassen. Das komplette Konzept war für die Tonne. Wir konnten mit unserem Konzept gar nichts mehr anfangen. Also mussten neue Ideen her. Und dann haben wir gedacht, dass bestimmte Musiker, die unter der Situation auch sehr leiden und keine Auftritte geben können, uns vielleicht mit ihrem Bekanntheitsgrad helfen könnten. Und da sind eben Cat Ballou, Bläck Fööss, die Höhner, Christopher Annen von Annenmaykantereit, Planschemalöör, Buntes Herz, Microphone Mafia, also Kutlu Yurtseven, sind alle dabei und haben aufgerufen.
Dank dieser Prominenten haben wir es geschafft, diese 22 000 Fahnen anzufertigen, die wirklich benötigt wurden, um überhaupt in Produktion zu gehen. Die haben uns wirklich sehr geholfen. Thomas Baumgärtel, der Bananen-Sprayer, wird eine Fahne künstlerisch auf seine Art verschönern. Und dieser Erlös geht natürlich auch komplett in den Fahnen-Topf.
DOMRADIO.DE: Eine ganz besondere Fahne, die da dann zu ersteigern gibt. Was hat Sie denn bewogen, diese ganze Aktion überhaupt erst ins Leben zu rufen?
Bianco: Dann fangen wir mal mit dem Jahr 2016 an. Am 24. Juni wurde der Brexit beschlossen, am 9. November 2016 haben wir erfahren, dass Donald Trump Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wird. Da war für mich dann klar: Jetzt mach endlich etwas, heb den Hintern vom Sofa und mach etwas. Wir können nicht immer alles den Politikern überlassen. Man muss auch selber etwas tun. Es muss nicht viel sein. Aber ich habe mir gesagt, ich möchte ein Zeichen setzen in Köln.
Dann bin ich Anfang 2017 zu "Kein Veedel für Rassismus" gegangen und habe dann zweimal eine Luftballon-Aktion organisiert. Balloni aus Köln hat uns dabei ganz schön unterstützt. Das ist ein Zeichen, aber so ein Luftballon verpufft ja auch nach einer gewissen Zeit. Und deswegen wollten wir eine nachhaltige Aktion mit den Fahnen machen.
Das hat mich bewogen. Denn ich bin der Stadt Köln sehr dankbar. Als ich 1996 nach Köln gekommen bin, hat mich die Stadt sehr, sehr lieb aufgenommen. Und vielleicht kann ich auf diesem Weg der Stadt Köln, den lieben Kölnerinnen und Kölnern noch etwas zurückgeben.
DOMRADIO.DE: Was für ein schöner Ansatz, Frau Bianco. Zum Schluss noch eine Frage, und zwar bezüglich ihrer Motivation. Spielt denn da auch Ihr christlicher Glaube eine Rolle?
Bianco: Sehr. Christliche Nächstenliebe ist für mich ein wichtiger Faktor. Und die erste Person, mit der ich über dieses Projekt gesprochen habe, war unser Diakon Zenon Zelest von St. Pius in Köln-Zollstock. Er hat mich die ganze Zeit begleitet. Das war schon wichtig. Denn es gab Höhen und Tiefen, und dann bin ich immer froh gewesen, dass ich ihn hatte, bei dem ich mich auch ein bisschen ausweinen konnte. Denn man eckt schon ein bisschen an. Wer sind wir denn? Wir sind "Kein Veedel für Rassismus", aber niemand kennt uns, wir haben kein Standing. Deswegen war ich sehr, sehr dankbar, dass der Herr Zelest mir beigestanden hat.
Das Interview führte Moritz Dege.