"Das Herz hat seine Gründe, welche der Verstand nicht kennt": So lautet ein geflügeltes Wort, das aus der Feder des französischen Mathematikers und Philosophen Blaise Pascal stammt.
Ein Körnchen Wahrheit kann man in der Aussage finden: Denn wem ist es nicht schon so ergangen, dass das Herz zu etwas anderem geraten hat, als die Vernunft? Man weiß, dass man etwas nicht tun sollte - und macht es trotzdem.
Herz und Kopf gehören zum gleichen Körper und doch sind sie manchmal so verschieden. Langes Nachdenken und vernünftiges Grübeln ist nie falsch; aber mitunter kann man durch zu vieles Nachsinnen auch den rechten Augenblick für eine bestimmte Tätigkeit verpassen.
"Du musst auf dein Herz hören", raten wir unseren Mitmenschen, wenn es auf wirklich wichtige Entscheidungen ankommt. "Herz über Kopf", fasst der Musiker Joris diese Devise zusammen. Und ja, er hat Recht: Wenn es um das Wesentliche geht, dann genügt oft die reine Kopfarbeit nicht. Dann kommt es darauf an, was das Herz sagt.
Blick in die Kirchengeschichte
Das Herz-Jesu-Fest stellt eben jenes Organ in den Mittelpunkt: Die Seite Jesu von der Lanze des römischen Soldaten durchstoßen, gibt den Blick auf das Herz frei. Doch was bedeutet das? In der Kirchengeschichte haben viele Theologen dies sehr mystisch ausgelegt.
Besonders der heilige Franz von Sales hat sich ausgiebig mit dem Herzen Jesu beschäftigt und es als Zentrum der Liebe Gottes zu den Menschen verstanden. Die Gottesbeziehung ist eine Liebesbeziehung, die dort konkret wird, wo sich das Herz des Menschen mit dem Herzen Jesu verbindet.
"Das Herz spricht zum Herzen": Diese Worte des heiligen Franz hat sich später Kardinal John Henry Newman als Motto für sein Kardinalswappen gewählt. Die Beziehung zwischen Gott und den Menschen spricht nicht in erster Linie den Kopf an, sie ist nicht mit Vernunftgründen zu fassen. Sie beginnt im Herzen zu wachsen, dort werden Menschen getroffen von der göttlichen Liebe, und nur so können sie selbst zu Liebenden werden. "Das Herz hat seine Gründe, welche der Verstand nicht kennt": Auch das Evangelium, das in diesem Jahr am Herz-Jesu-Fest gelesen wird, greift diesen Gedanken auf.
"Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du das vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen offenbart hast", heißt es im elften Kapitel des Matthäusevangeliums. Den Weisen und Klugen verbirgt Gott die Erkenntnis seines Sohnes. Christus zu erkennen, ihn zu lieben, ihm nachzufolgen, das ist nichts, was mit dem Kopf geschieht. Der bloße Verstand hilft nicht weiter. Es ist Herzenssache, Christus, dem auferstandenen Herrn, zu begegnen, sich anrühren zu lassen von seiner Botschaft, sich ergreifen zu lassen von seiner Liebe.
Sich nicht nur auf den Kopf verlassen
All das entzieht sich dem Verstehen und Begreifen, aber es rührt das Herz an und ergreift den Menschen im Innersten. So ist es auch den Emmaus-Jüngern ergangen: Sie wollten all das, was sich in Jerusalem ereignet hat, nachvollziehen, begreifen, sie haben nach Vernunftgründen gesucht. Den Auferstandenen erkennen konnten sie aber nur, weil ihr Herz aufgrund seiner Nähe entbrannt war. Durch das brennende Herz sind ihnen beim Brotbrechen die Augen aufgegangen.
Das Herz-Jesu-Fest kann Jahr für Jahr wieder eine Erinnerung sein, sich nicht nur auf den Kopf zu verlassen, sondern auch auf das Herz zu hören. So vieles versuchen wir mit vernünftigen Gründen zu erklären und zu belegen. Auch der Glaube kann nicht ohne Vernunft sein; beides gehört untrennbar zusammen. Aber das eine kann nicht ohne das andere sein, Kopf und Herz bilden eine Einheit.
Und so gilt es, sich nicht nur auf den Verstand zu verlassen, sondern auch auf das Herz zu hören. Die Botschaft des Herzens neu zu entdecken und aufmerksam für sie zu werden. Christus, den auferstandenen Herrn, im eigenen Alltag zu finden, ist möglich. Wer sich "Herz über Kopf" in dieses Abenteuer stürzt, der kann Ihn erkennen; Ihn, der verborgen und unerkannt mitten unter uns Menschen lebt. Ihn, der uns sein Herz schenkt, damit wir ihn erkennen und uns von seinem Evangelium immer neu anrühren lassen.