Frauenquote in der CDU

Macht das die Partei attraktiv für engagierte Frauen?

Bis 2025 will die CDU-Führung eine paritätische Besetzung ihrer Vorstände mit Frauen erreichen. Die 50-Prozent-Frauenquote solle strukturelle Ungerechtigkeiten in der Partei ausgleichen. Geht das, wenn nur 20 Prozent in der Partei Frauen sind?

Annegret Kramp-Karrenbauer, CDU-Bundesvorsitzende und Verteidigungsministerin, maßgeblich beteiligt an der CDU-Frauenquote / © Kay Nietfeld (dpa)
Annegret Kramp-Karrenbauer, CDU-Bundesvorsitzende und Verteidigungsministerin, maßgeblich beteiligt an der CDU-Frauenquote / © Kay Nietfeld ( dpa )

DOMRADIO.DE: Die CDU Struktur- und Satzungkommission hat eine Frauenquote von 50 Prozent beschlossen, die stufenweise bis 2025 erreicht sein soll. Schaffen die Frauen es nicht alleine in die CDU-Spitzenpositionen?

Claudia Lücking-Michel (ehemalige stellv. Vorsitzende der Gruppe der Frauen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und stellv. Vorsitzende des ZdK): Dass einzelne Frauen es schaffen, macht die CDU ja gerade vor. Damit sind strukturelle Unwuchten aber noch lange nicht behoben. Frauen schaffen vieles alleine, sie können mit viel Kompetenz und Engagement vieles ausgleichen. Aber bei strukturellen Unausgewogenheiten und Ungerechtigkeiten braucht es dann auch strukturelle Verbesserungen.

DOMRADIO.DE: Von dieser Frauenquote soll nur dann abgewichen werden können, wenn nicht genügend Bewerberinnen kandidieren. Nur 26 Prozent der CDU-Mitglieder sind Frauen. Könnte es deshalb schwierig werden, genügend Frauen zu finden, die an politischen Ämtern interessiert sind?

Lücking-Michel: Die Partei hat anteilmäßig viel zu wenig Frauen und erkennt, dass man Frauen aber auch wirklich gute Chancen bieten muss, um die Partei und Arbeit in der Partei für sie attraktiv zu machen. Mit der Hoffnung natürlich, dass sich dadurch jetzt demnächst massenhaft junge, engagierte, kompetente Frauen entscheiden, in die CDU zu kommen und sich dort zu engagieren.

Henne und Ei: Ich glaube, wenn man nicht deutlich macht, dass Frauen willkommen sind und wir etwas für sie tun wollen, wird manche Frau sich woanders hin orientieren. Bis dahin haben wir das Problem, dass man bei totalen Unwuchten unter den Bewerberzahlen wieder wird abweichen müssen und sagen, dass es viel zu wenig Frauen unter den möglichen Kandidatinnen gibt.

DOMRADIO.DE: Das heißt, mit der bestehenden Mitgliederstruktur ist eine 50-Prozent-Regelung gar nicht machbar?

Lücking-Michel: Die wird in der Realität schwierig umzusetzen sein und würde dann auch tatsächlich in vielen Situationen zu einer übergroßen Benachteiligung der vielen Männer führen. Trotzdem: Das eine muss man tun und das andere nicht lassen. Jetzt klare Zeichen setzen und hoffen, dass sich dadurch und durch weitere Maßnahmen, die auch nötig sind, der Anteil der Frauen erhöht.

DOMRADIO.DE: Konservative Kreise wie die Junge Union und der Wirtschaftsrat sind der Quote gegenüber eher zurückhaltend. Wie kann man sie mitnehmen?

Lücking-Michel: Die Debatten führen wir schon lange in der Partei. An manchen Stellen konnten wir sie bisher nicht mitnehmen. Die Hoffnung ist wirklich deutlich zu machen, dass wir die Frauen brauchen. Wir müssen Signale setzen, dass sie willkommen sind, und ihnen auch echte Chancen bieten. Wir müssen endlich von der Debatte wegkommen: Quotenfrau oder kompetente Frau?

Es geht nicht darum, grenzdebile Frauen auf irgendwelche Posten zu hieven, sondern darum, den in der Regel deutlich besser qualifizierten und oft auch sehr engagierten Frauen strukturell in dieser Männerwelt eine Chance zu bieten. Ich denke, auch der Wirtschaftsrat und hoffentlich auch irgendwann die Junge Union werden überzeugt sein, weil sonst die Schieflage immer größer wird und wir immer mehr anteilmäßig von Männern bestimmt werden, die das Bild nach außen prägen und dadurch Parteiarbeit für Frauen immer unattraktiver wird.

DOMRADIO.DE: Die Kirche, im Gegensatz zur CDU, hat eine Quotenregelung schon beschlossen. Vor anderthalb Jahren hat sich die katholische Kirche selbst dazu verpflichtet, bis 2023 30 Prozent der Leitungsämter mit Frauen zu besetzen. Dafür wollen die Bischöfe sorgen. Wie finden Sie das?

Lücking-Michel: Im Prinzip sehr gut. Da sind wir schon entscheidende Schritte weiter. Sie sorgen an vielen Stellen auch dafür. Ich finde, ein hervorragendes Beispiel ist das Frauen-Mentoring-Programm des Hildegardis Vereins, der das im Auftrag der Bischofskonferenz umsetzt. Aber der Teufel steckt wieder im Detail: Welche Führungsaufgaben? Ich meine, es gibt viele Aufgaben in der Kirche zu vergeben. Guter Nachwuchs wird gesucht. Aber man muss festhalten, Frauen sind von vielen Aufgaben in der Kirche und von entscheidenden Leitungsaufgaben von vornherein ausgeschlossen, weil diese Priestern vorbehalten sind.

Stellen und Leitungsaufgaben werden quasi gewohnheitsmäßig immer wieder an Priester vergeben, obwohl es theologisch überhaupt nicht nötig wäre. Da müssen wir, sowohl was die Einstellungen und Grundhaltungen angeht, welche Aufgaben für Frauen überhaupt in Betracht kommen, unsere Horizonte noch erweitern und die Grundfrage angehen, den Vorbehalt der Weihe für zentrale Leitungsaufgaben. Entweder ändern wir die Zugangsvoraussetzung zur Weihe, oder wir müssen über diese Verbindung von Macht und Weihe noch einmal ganz anders nachdenken.

DOMRADIO.DE: Wie groß schätzen Sie die Gefahr ein, dass Frauen, wenn höhere Ämter nur den Männern und den geweihten Männern vorbehalten bleiben, sich von der Kirche abwenden und sich woanders engagieren?

Lücking-Michel: Die ist riesengroß. Da braucht man ja keine Hellseherin zu sein, da guckt man sich um, hört und diskutiert mit jungen, engagierten Frauen und mit Frauen, denen aufgrund ihrer Kompetenz woanders Türen aufgemacht werden. Ganz ehrlich, ein Stückweit kann ich vieles von dem nachvollziehen, was die Frauen sagen, dass sie abgelehnt und nicht ernst genommen werden und deshalb woanders hingehen.

An der Frage hat mir nicht gefallen, dass es sich ein bisschen so anhört, als wären das vor allem karrieresüchtige Frauen, die dann woanders ihr Glück suchen. Stattdessen handelt es sich aber um Frauen, die ganz klar sagen, dass das ein Kirchenbild und -verständnis ist, das sie nicht mittragen wollen. Nicht, weil sie selbst keine Chancen darin haben, sondern weil sie vor allen Dingen in so einer Kirche Grundbotschaften des Evangeliums nicht wiederfinden.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Claudia Lücking-Michel, Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Claudia Lücking-Michel, Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
DR