Touristenseelsorge auf Juist im Corona-Modus

Mit Unterstützung des Himmels

Viele Menschen verbringen ihren Urlaub dieses Jahr in Deutschland. Auf der Insel Juist kümmert sich Schwester Michaela Wachendorfer um die Touristen. Die Corona-Krise sei nicht nur bedrückend, sondern könne auch Schönes freilegen.

Die ostfriesische Insel Juist / © Ingo Wagner (dpa)
Die ostfriesische Insel Juist / © Ingo Wagner ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wie sieht es auf der Insel gerade aus: Corona-Modus oder doch eher Normalität? 

Schwester Michaela Wachendorfer (Leiterin der katholischen Kirchengemeinde und Touristenseelsorgerin auf Juist): Momentan regnet es gerade - nicht so schön. Das ist aber eine normale Variante, die immer passieren kann. Corona-Modus - ja, klar. Man merkt es schon sehr, weil wir ja auch hier in dieser Kirche ein bisschen davon leben, dass die Leute einfach spontan kommen und die Gottesdienste besuchen. Das geht natürlich jetzt im Moment nicht so gut.

Gleichzeitig merkt man aber: Die Leute suchen den Ort sehr auf. Unsere Kirche ist immer offen. Ich schließe sie morgens um viertel nach sieben auf und sie geht abends so gegen halb neun, neun Uhr dann wieder zu. Das wird auch im Corona-Modus angenommen. Ich habe vorne ein Schild stehen: Welcome! Kommen Sie rein! Ein bisschen Händedesinfektion ist momentan besser als Weihwasser. Und dann ist man herzlich willkommen in der Kirche. 

DOMRADIO.DE: Wie sieht es denn mit der morgendlichen Meditation aus, den Stundengebeten und Gottesdiensten? Ist das alles möglich? 

Wachendorfer: Das ist alles möglich. Wir meditieren morgens eine halbe Stunde - da kommen immer zwischen fünf und zwölf Leuten. Das ist ganz offen für die Leute. Abends um 18 Uhr haben wir werktags manchmal Abendmesse und ansonsten Vesper mit Meditation. Da wird natürlich dann entsprechend viel weniger gesungen oder nur mal gesummt. Aber das ist eigentlich nach wie vor so besucht, wie es sonst in einem normalen Sommer auch besucht ist.

Das Einzige, was jetzt für die Sonntagsmesse anders ist, dass man eben diese Platzbeschränkungen hat. Das ist natürlich sehr anders. In den sonstigen Sommern hatten wir hier in drei Sonntagsmessen bestimmt insgesamt 250 Leute, die zur Kirche gehen. Das geht jetzt einfach gar nicht, weil diese Platzbeschränkung da ist. Das ist natürlich sehr schade. 

DOMRADIO.DE: Das heißt, man muss sich dann auch anmelden. 

Wachendorfer: Genau. Man kann sich online anmelden - praktisch mit einem Barcode-Scanner. Und man wird dann eingescannt, wenn man zur Kirche kommt - fast so, wie wenn man in ein Flugzeug steigt. 

DOMRADIO.DE: Was ist denn Ihr Eindruck. Sie sprechen ja sehr viel mit den Leuten. Lastet Corona den Menschen schwer auf der Seele. Sind die Leute bedrückter als normalerweise? 

Wachendorfer: Sie sind - würde ich sagen - aufmerksamer. Ich treffe hier viele Gäste, die sagen: Da ist eine Sorge. Und gleichzeitig sind sie einfach nur froh und dankbar, überhaupt in Urlaub fahren zu dürfen. Das, was ich bemerke, ist, dass viele erzählen, von den Erfahrungen, die sie gemacht haben, mit dem Lockdown oder auch erzählen von dem, wie es zu Hause in der Kirche geht - welche Varianten das jeweilige Bistum oder die Kirchengemeinde gefunden hat. Aber, dass alle furchtbar bedrückt sind, kann ich jetzt nicht sagen.

Das, was ich zum Beispiel in unserem Fürbitt-Buch verfolge, ist, dass Kinder da mehr reinschreiben und dass die größere Sorgen haben und dann immer für Verwandte oder Freunde beten, damit die gesund bleiben. Das ist, glaube ich, ein bisschen mehr zu spüren, dass Kinder da irgendwie bedrückter sind. Und dass sie gleichzeitig hier durch die Gegend toben und schreien und man denkt: Ja, da gibt es ein echtes Nachholbedürfnis. 

DOMRADIO.DE: Was sagen Sie denn den Urlaubsgästen? Wie können wir möglichst gut mit dieser Pandemie umgehen und mit der Unsicherheit drum herum, wenn das Thema aufkommt? 

Wachendorfer: Ich versuche, das so rüberzubringen, dass man bei allem irgendwie noch merkt: Weiterleben tun wir hier alle auch noch. Das Leben ist irgendwie etwas, was jetzt nicht nur aus dieser Bedrückung besteht. Ich versuche zu sagen: Das man jetzt mehr aufeinander achtet und aufeinander aufpasst, ist eigentlich etwas ganz Schönes. Das hält auch zusammen. Selbst, wenn dieser Abstand immer angesagt ist.

Ich versuche einfach mehr, diese liebevolle familiäre Dimension nochmal in den Vordergrund zu geben und zu sagen: Da gibt es eigentlich auch Unterstützung vom Himmel her. Wir heißen hier "Zu den heiligen Schutzengeln". Und das finde ich eigentlich wunderbar passend für die jetzige Lage. Wir haben einen großen Schutzengel in Bronze vor der Kirche stehen, der die Leute schon willkommen heißt, wenn man einfach nur auf der Straße vorbeikommt. Das ist etwas, was vielleicht ein schönes inneres Bild werden kann.

Das Interview führte Hilde Regeniter.


Schwester Michaela vor dem großen Schutzengel aus Bronze / © N.N. (privat)
Schwester Michaela vor dem großen Schutzengel aus Bronze / © N.N. ( privat )
Quelle:
DR