Corona-Zeit in Reykjavik

"Ich nehme eine große Offenheit mit"

Wie lebt es sich in der nordischen Diaspora, in Islands Hauptstadt Reykjavik, während der Corona-Zeit? Ulrike Seitz macht dort seit März ein Praktikum über das katholische Bonifatiuswerk. Die Zeit in Island habe sie Offenheit gelehrt, sagt sie.

Die katholische Kirche (Landakotskirkja) und Bischofskirche in Reykjavik (KNA)
Die katholische Kirche (Landakotskirkja) und Bischofskirche in Reykjavik / ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie sind über das Praktikantenprogramm des katholischen Bonifatiuswerks nach Reykjavik gereist. In Island machen Sie jetzt Ihr Praktikum mit dem Ziel, die katholische Kirche in Nordeuropa kennenzulernen. Sie waren gerade erst richtig angekommehn in Island, da ging es schon los mit sämtlichen Corona-Maßnahmen. Wie haben Sie die Zeit bislang dort erlebt? 

Ulrike Seitz (absolviert das Praktikantenprogramm des katholischen Bonifatiuswerks in Reykjavik, Island): Ich hatte wirklich Glück hier in Island. Hier waren die Maßnahmen nie ganz so streng wie in vielen anderen Ländern in Europa. Wir hatten zeitweise die Beschränkung, dass sich nur noch 20 Personen gleichzeitig treffen dürfen, bei einem Mindestabstand von zwei Metern. Das hieß für mich, dass es weiterhin möglich war, in Gottesdienste zu gehen. Ich musste meistens die Leute zählen, die kommen, damit wir die Höchstzahl nicht überschreiten.

Gleichzeitig war es auch ein bisschen schwierig: Vieles hatte geschlossen. Ich konnte nicht so viele Kontakte knüpfen, wie ich wollte. Und viele Dinge, die auch typisch für Touristen sind, wurden in der Zeit leider nicht angeboten. 

DOMRADIO.DE: Wie hat denn die Kirche allgemein in Island auf diese Epidemie reagiert? 

Seitz: Ich glaube, recht vernünftig. Es war eigentlich meistens so, dass im Gespräch beschlossen wurde: Wie kann man jetzt diese Maßnahmen erfüllen? Zunächst wurde gesagt; Wir bieten erst mal mehr Gottesdienste an, damit wirklich auch alle Leute, die kommen wollen, auch kommen können. Als dann die Beschränkungen noch stärker wurden, wurde es so gehandhabt, dass die Gottesdienste nicht offiziell öffentlich waren, sondern dass man sich entweder vorher bei einem Priester melden konnte, wenn man gerne dorthin kommen wollte, oder dass man einfach vorbeischaut und ich dann gegebenenfalls sagen kann, ob es noch Platz in der Kirche gibt oder eben nicht. 

DOMRADIO.DE: Zum Praktikum im Norden gehört ja auch die Arbeit in einer kirchlichen Einrichtungen, wie sie das gerade schon erzählt haben. Sie arbeiten auch im Haus der Mutter-Theresa-Schwestern. Was genau machen Sie da? 

Seitz: Dort gibt es jeden Morgen unter der Woche ein Frühstück für Bedürftige. Das heißt, wir bereiten ein Frühstück vor - Brote, Käse, was eben gerade so da ist - und servieren das den Leuten, ein bisschen wie ein kleines Frühstück im Restaurant. Je nachdem, wie viel Zeit neben diesen Sachen ist, sprechen wir natürlich auch mit allen, die so da sind. Da kommen ganz, ganz unterschiedliche Leute hin. Wir haben sehr viele Isländer, aber auch viele, die zum Beispiel aus Rumänien oder Polen nach Island gekommen sind. 

DOMRADIO.DE: Wie läuft das mit der Sprache? 

Seitz: Eigentlich sind es viele Sprachen, die ich hier sprechen muss. Isländisch habe ich ein bisschen gelernt, aber klar, das ist noch im Werden. Englisch ist die Haupt-Kommunikationsprache. Und dann gibt es manchmal auch Deutsch, hin und wieder Spanisch, Französisch, je nachdem.

DOMRADIO.DE: Sie wollen Pastoralreferentin werden. Was können Sie denn für diese Aufgabe jetzt trotz der Corona-Einschränkungen für das spätere Berufsleben aus diesem Praktikum mitnehmen? 

Seitz: Ich denke, ich kann einfach eine ganz große Offenheit mitnehmen für alles, was so kommen wird. Die Kirche in Deutschland steht ja auch vor großen Herausforderungen. Und für mich war das jetzt einfach sehr spannend, hier zu erleben: wie ist das in einem ganz anderen Land, wo auch die Zahlen ganz anders sind, wo sehr viele Leute aus anderen Ländern der katholischen Kirche angehören? Das ist, glaube ich, einfach eine großartige Erfahrung, um sich dann auch so eine Offenheit und Flexibilität zu bewahren, die mir dann in Deutschland sicher auch sehr gut helfen wird.


Ulrike Seitz / © David Gorny (Bonifatiuswerk)
Quelle:
DR