Weltweit haben im vergangenen Jahr fast 690 Millionen Menschen gehungert - 10 Millionen mehr als 2018. Das geht aus dem aktuellen UN-Welternährungsbericht hervor, der am Montag in Rom und New York vorgestellt wurde. Der Report sagt voraus, dass die Corona-Krise die globale Ernährungslage weiter verschlechtern wird. Bis Ende 2020 könnten die Lockdown-Folgen demnach mehr als 130 Millionen Menschen zusätzlich in chronischen Hunger treiben.
Ziel Hunger bis 2030 zu beenden ist in Gefahr
Der Welternährungsbericht wird alljährlich vom UN-Kinderhilfswerk (Unicef), der Welternährungsorganisation (FAO), dem Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD), dem Welternährungsprogramm (WFP) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegeben. Die fünf Organisationen warnten am Montag: Das Ziel der internationalen Gemeinschaft, den weltweiten Hunger bis 2030 zu beenden, sei ernsthaft in Gefahr. "Wir sind nach wie vor nicht auf dem richtigen Weg", hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme.
Hunger nimmt seit 2014 kontinuierlich zu
Nach einer jahrelangen positiven Entwicklung nehme der Hunger seit 2014 kontinuierlich zu, so die Organisationen. Aktuell leide jeder neunte Erdbewohner darunter. Die meisten unterernährten Menschen leben den Angaben zufolge in Asien (381 Millionen). Die höchsten Zuwachsraten wurden indes in Afrika (250 Millionen) verzeichnet. Dort sind fast 20 Prozent der Bevölkerung von Unterernährung betroffen. UN-Prognosen zufolge könnten 2030 mehr als die Hälfte der chronisch Hungernden weltweit vom schwarzen Kontinent stammen.
Weckruf für die Weltgemeinschaft
Das katholische Hilfswerk Misereor sprach von einem Weckruf für die Weltgemeinschaft. "Jetzt, in der Corona-Krise, zeigen sich die Schwachstellen des weltweiten Ernährungssystems mit dramatischer Deutlichkeit", so Misereor-Chef Pirmin Spiegel. "Es ist ein System, das am Profit orientiert und auf Wachstum ausgerichtet ist, das die Armen noch ärmer macht und die Erde gnadenlos zerstört." Spiegel forderte "eine Wiederbelebung lokaler Produktions- und Wirtschaftskreisläufe, um globalen Abhängigkeiten zu entkommen".
Neue Maßnahmen zur Hungerbekämpfung gefordert
Die Entwicklungsorganisation Oxfam forderte von der Bundesregierung neue Maßnahmen zur Hungerbekämpfung weltweit. "Angesichts der dramatischen neuen Zahlen kann es in der Hungerbekämpfung kein 'Weiter so' mehr geben", erklärte die Oxfam-Agrarexpertin, Marita Wiggerthale.
Die Organisation Fian kritisierte ein von Großkonzernen dominiertes Ernährungssystem. "Eine immer geringere Zahl von Investoren und Konzernen produziert und verkauft immer mehr Agrarprodukte, die nicht für die Ernährung der Hungernden bestimmt ist", erklärte Fian-Referentin Gertrud Falk.