Wenn man im Supermarktregal keine Schokolade aus Afrika findet, stellt man sie eben in der eigenen Küche her. Und wenn die Freunde dann nicht mehr genug davon bekommen, gründet man eine Fabrik. So lässt sich die Geschichte von Honest Chocolate zusammenfassen. Zehn Jahre nach Gründung ist die Schokoladenmanufaktur in Kapstadt immer noch eines der wenigen afrikanischen Unternehmen, die selbst Kakao verarbeiten.
Großteil der Kakaobohne wird exportiert
"Der Großteil afrikanischer Kakaobohnen wird exportiert, in Übersee zu Schokolade verarbeitet und wieder zurück in afrikanische Länder geschickt", sagt Co-Gründer Anthony Gird. Die Tatsache, dass die Wertschöpfung außerhalb des Kontinents stattfinde, sei nichts anderes als ein "neokoloniales System", ist Gird überzeugt, dessen Manufaktur Kakao aus Tansania bezieht. "Das muss sich ändern. Wir brauchen mehr afrikanische Schokoladenproduzenten."
Einige der globalen Schokoriesen, darunter Nestle und Mondelez, haben Fabriken in Südafrika, die in Massenproduktion Schokolade für den Kontinent herstellen. Das schafft dringend benötigte Jobs und treibt Südafrikas industrielle Entwicklung voran. Doch der Großteil des Profits bleibt in den Händen der westlichen Großkonzerne. "Es ist ein großes Problem, denn Afrika bleibt vom lukrativen Teil der Wertschöpfungskette ausgeschlossen", sagt Jamela Hoveni, Ökonomin an der Rhodes University in der südafrikanischen Stadt Makhanda.
Vier Arbeitsschritte für den Wert der Schokolade
Vier Arbeitsschritte geben der Schokolade ihren Wert: Die Ernte der Kakaobohnen, das Mahlen und Herstellen von Kakaobutter, die Produktion von Industrieschokolade und schließlich die Verwandlung in Riegel, Pralinen und Trinkschokolade. "Die Position afrikanischer Länder am unteren Ende dieser globalen Wertschöpfungskette bedeutet, dass den Ländern nicht nur Profit entgeht, sondern zugleich die Chance, ihre Industrie aufzubauen", so die Expertin.
Auch Antonino Allegra kennt das Problem. "Unverarbeitet ist Kakao nur wenig wert. Dadurch ist es Großkonzernen gelungen, die Farmer in Unwissenheit zu lassen und auf ihrem Rücken ein Vermögen zu machen." Mit seiner Schokoladenmanufaktur Afrikoa rüttelt Allegra das auf alten kolonialen Handelswegen gründende System auf. Er ist Europäer, ein sizilianischer Auswanderer, doch stellt er in Südafrika Edelschokolade her, die sowohl in den Supermärkten von Kapstadt als auch New York verkauft wird. Der Kakao stammt aus Tansania. "Wir wollen, dass die Farmer am Erfolg teilhaben, durch direkten Handel, Austausch von Wissen und die Schaffung echter Nachhaltigkeit", so der ausgebildete Konditor.
Aisha Kalinda ist neu unter den Schoko-Pionieren
Goma, eine Dreitagesreise von der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa entfernt: Aisha Kalinda ist neu unter Afrikas Schoko-Pionieren. Im Osten der Demokratischen Republik Kongo betreibt ihre Familie eine Kakaoplantage. Seit kurzem produziert sie mit ihrer Chocolaterie Lowa auch ihre eigene Schokolade. Dennoch will sie weiter auf den Rohstoff setzen: "Es ist nichts Falsches daran, wenn Afrika große Mengen Kakao nach Europa exportiert", ist sie überzeugt. Wie überall auf der Welt, sollten auch Landwirtschaftsbetriebe in Afrika Früchte und verarbeitete Produkte in die Welt senden, solange die Qualität stimme - und der Preis natürlich.
Ob der Anfang als Schokoladenproduzentin leicht gewesen sei? "Der Markteinstieg lief alles andere als glatt, denn der lokale Markt ist schwer zu überzeugen", so Kalinda. Nur zögernd hätten die Kongolesen zu Schokolade gegriffen, die sie noch nicht kannten. Dasselbe Problem kennt Antonino Allegra: "Südafrikanische Händler bieten Neuankömmlingen wenig Unterstützung. Sie glauben einfach nicht, dass eine südafrikanische Manufaktur Schokolade auf Weltniveau herstellen kann."
Gegen etablierte Schokoriesen ankommen
Dass vor Afrikas Schoko-Pionieren noch ein weiter Weg liegt, glaubt auch Gird von Honesty Chocolate. "Es ist definitiv eine Herausforderung, gegen die etablierten Schokoriesen anzukommen, und wir wissen nicht, ob wir jemals ihren Level erreichen. Wir können uns glücklich schätzen, eine Fangemeinde zu haben, die bereit ist, ein wenig mehr Geld für erstklassige lokal produzierte Schokolade zu bezahlen."