Friedensglocke aus Kriegsschrott unterwegs im Norden

“Wie Schwerter zu Pflugscharen werden“

In fünf Jahren, zum 80. Jahrestag des Kriegsendes, wollen sie in Jerusalem ankommen. Vorher hat die evangelische Gemeinde aus Brück in Brandenburg einiges vor. Quer durch Deutschland ziehen sie mit Pferd, Glocke und Brot.

Brücker Friedensglocke / © Helmut Kautz (privat)
Brücker Friedensglocke / © Helmut Kautz ( privat )

DOMRADIO.DE: Was ist das für eine Glocke?

Helmut Kautz (Pfarrer im Evangelischen Pfarrbereich Brück): Das ist eine ganz normale Glocke. Die hat eine Höhe von 46 cm und einen Durchmesser von 48 cm unten - und ist 64 kg schwer, mit Klöppel 66 kg. Das Besondere ist, dass wir dafür Kriegsschrott gesammelt haben. Zum Beispiel eine FLAK von 1936 aus deutscher Produktion, aber auch eine russische Granathülse und auch eine tschechische. Die haben wir am 6. Juni bei uns in Brück selber eingeschmolzen. Man konnte richtig sehen, wie Schwerter zu Pflugscharen werden.

DOMRADIO.DE: 20 Tage lang sind Sie diesen Sommer unterwegs, bevor Sie dann 2025 nach Israel reisen. Jetzt auf Tour durch Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg zum Kloster Marienfließ in der Prignitz.

Kautz: Man nimmt einfach die Glocke und baut sie auf einen Pferdewagen. Der Wagen ist gerade unterwegs nach Hamburg-Volksdorf. Da ist ein Museumsdorf. Da sind ganz aktive Leute, die bauen aus Holz einen Glockenstuhl, der wird auf den Pferdewagen montiert, und dann wird der am 2. August vierspännig vom Heilig Geist-Feld in Hamburg auf den Weg geschickt. Und dann fahren wir erst mal durch Hamburg, und dann geht's weiter durch den Norden.

DOMRADIO.DE: Im August machen Sie sich dann auf durch den Norden Deutschlands, in fünf Jahren wollen Sie es bis nach Jerusalem schaffen. Wie läuft die erste Etappe jetzt ab?

Kautz: Wir sind unterwegs, von Hamburg aus immer mit mindestens sieben Gespannen und 14 Pferden. Reiter können auch mit. Das Ganze ist eine Prozession. Es ist keine Demo, sondern eine Prozession. Wir sind ja im Auftrag des Herrn unterwegs und führen eine Glocke mit, auch ein Kreuz aus mittelalterlichen Balken unserer Kirche. Wir haben auch ein Friedensbrot dabei, das extra gebacken wird für uns. Wir fahren dann ungefähr 25 bis 30 km jeden Tag, also meist 25, weil wir nur im Schritttempo fahren. Wenn Sie bis Jerusalem wollen, müssen Sie im Schritt fahren.

Alle 25 km kommen wir in einen Ort und brauchen dort liebe Menschen - Bürgermeister, Pfarrer, Priester, Vereinsvorsitzende - die sagen: Wir begrüßen euch, wir geben euch eine Wiese. Da könnt ihr eine Nacht bleiben. Wir geben euch was zu fressen für die Pferde und mit euch feiern wir ein Friedensfest und da brechen wir das Brot und überreichen jedem eine Glocke, eine kleine Glocke, die sieht genau so aus, wie die große.

DOMRADIO.DE: Das heißt, das haben Sie jetzt auch wirklich gar nicht organisiert. Sie kommen mit Ihrem Riesen-Pferde-Treck und der Glocke drauf und sagen: Hallo, wo können wir parken?

Kautz: Na ja, wir machen vorher ein bisschen Lärm, wir sind ja nicht zu überhören. Wir läuten die Glocke ja auf dem Wagen, und die ist auch zu sehen. Zur Zeit sind wir dabei uns mit den Corona-Regeln von vier, fünf Bundesländern zu beschäftigen. Da hat ja jeder Landkreis noch mal seine Eigenen.

Wir versuchen, das schon anzukündigen, aber, es kann passieren: Wir kommen da an, und dann sagen wir, wir wollten heute Nacht bei euch übernachten. Und dann muss man eben sehen, was geht. Pferde, Glocke, und Brot - das ist unschlagbar. Kein Herz bleibt da verschlossen.

DOMRADIO.DE: Köln steht noch nicht auf dem Plan. Kommen Sie auch irgendwann bei uns am Dom vorbei?

Kautz: Ja, na klar! Wir wollen in den nächsten fünf Jahren unterwegs sein. Das ist ja das erste Jahr. Bis 2025 wollen wir durch Norden, Süden, Osten, Westen von Deutschland fahren. Wir wollen auch ein Team zusammenstellen, die dann auch mit nach Jerusalem fahren. Deswegen wollen wir auch nach Köln kommen. Und es wird eine große Ehre sein, unsere Friedensglocke vor dem Kölner Dom zu läuten und von den Kölnern begrüßt zu werden.

Das Gespräch führte Uta Vorbrodt.

Mehr zur Reise und den Vorbereitungen gibt es auf der Homepage https://friedenstreck.de/.


Quelle:
DR