Corona-Bonus in der Altenpflege wird ausgezahlt

Prämie für "die wahren Helden" - Grundlegende Reformen gefordert

Plötzlich waren sie systemrelevant. In der Corona-Krise bekamen die Pflegekräfte viel Applaus. Zumindest Altenpflegekräfte sollen auch finanziell profitieren. In diesen Tagen erhalten sie den versprochenen Bonus.

Autor/in:
Christoph Arens
Die Corona-Krise zeigt, wie wichtig der Pflegeberuf ist / © michaeljung (shutterstock)
Die Corona-Krise zeigt, wie wichtig der Pflegeberuf ist / © michaeljung ( shutterstock )

Viele Altenpflegekräfte in Deutschland können in diesen Tagen mit Freude auf ihre Kontoauszüge blicken: Sie erhalten zum Monatsende den von Bund und Ländern beschlossenen Corona-Bonus ausgezahlt.

Jahrelang haben die 1,5 Millionen Pflegekräfte in Deutschland vergeblich um mehr Anerkennung und bessere Arbeitsbedingungen gekämpft. Erst in der Corona-Krise bescheinigen ihnen Politik und Gesellschaft, dass sie "systemrelevant" seien. "Die wahren Helden" nannte sie die "Bild"-Zeitung auf ihrer Titelseite.

Pflegebonus wegen besonderer Belastungen

Der Bundestag beschloss dann Mitte Mai auf Anregung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), wegen der besonderen Belastungen den Beschäftigten in der stationären und der ambulanten Altenpflege einen Pflegebonus von jeweils 1.000 Euro zu gewähren. Die Länder können den Betrag aufstocken - bis zu 1.500 Euro sind steuerfrei, wenn die Pflegekräfte zwischen Anfang März und Ende Oktober mindestens drei Monate lang in einer Pflegeeinrichtung gearbeitet haben. Auszubildende, Freiwilligendienstleistende, Teilzeit-, Hilfs- und Betreuungskräfte erhalten anteilige Summen.

Die Kosten für den Bund werden mit rund einer Milliarde Euro veranschlagt - tragen soll dies vorerst die Pflegeversicherung, der Bund hat aber einen Zuschuss angekündigt. Mittlerweile haben auch alle Bundesländer bis auf Berlin zugesagt, den Bonus auf 1.500 Euro aufzustocken. Hamburg etwa zahlt 8,7 Millionen Euro. Niedersachsen stellt nach Angaben von Sozialministerin Carola Reimann (SPD) 50 Millionen für rund 140.000 Beschäftigte zur Verfügung. In Berlin erhalten auch andere Beschäftigtengruppen, die in der Krise stark gefordert waren, eine Sonderzahlungen von bis zu 1.000 Euro.

Debatte um Bonus auch für die Krankenpflege

Für Ärger und Debatten hatte gesorgt, dass die Krankenpflege nicht von dem Bonus profitieren soll. Der Deutsche Pflegerat forderte eine Sonderzahlung für alle Pflegekräfte. "Aus meiner Sicht sollten alle Mitarbeitenden, die im direkten Kontakt oder einem hohen Risiko für einen Kontakt mit Infizierten stehen, einen Bonus erhalten", sagte Präsident Franz Wagner. Die Bundesregierung argumentierte demgegenüber, dass die Entlohnung in der Altenpflege generell deutlich niedriger sei als in der Krankenpflege. Zudem war der Belastungsgrad in der Krankenpflege sehr unterschiedlich: Manche Häuser klagten über Leerstände und Leerlauf, weil andere Operationen und Behandlungen wegen möglicher Corona-Belastungen verschoben wurden.

Allerdings können nach Darstellung des Bundesgesundheitsministeriums auch für andere Berufsgruppen im Gesundheitswesen Prämien und Einmalzahlungen vereinbart werden: Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Bereich der Intensivmedizin verhandeln bereits darüber. Einzelne, besonders von der Pandemie betroffene Kliniken haben bereits Zuschläge beschlossen. Das Bundesgesundheitsministerium verwies darauf, dass Pflegekosten in Kliniken, die die Tarifpartner in Eigenregie regeln, von den gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen des Pflegebudgets gegenfinanziert würden.

Probleme der Pflege bleiben

Klar ist allerdings, dass Bonuszahlungen und Applaus die grundlegenden Probleme in der Pflege nicht lösen. "Die jetzt als systemrelevant gelobten professionell Pflegenden werden sich nicht länger mit prekären Arbeitsverträgen, mäßigen Arbeitsbedingungen, chronischer Überlastung, unterdurchschnittlicher Vergütung und grundsätzlichen Entscheidungen ohne ihre Beteiligung zufriedengeben", betont etwa Christel Bienstein, Präsidentin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK). Konkret gefordert werden eine bessere Bezahlung, eine verlässliche Personalbemessung in Krankenhäusern und Altenpflege, die Modernisierung der Ausbildung und eine veränderte Aufgabenverteilung in den Gesundheitsberufen.

Schon vor der Coronakrise hatte die Politik Reformen gestartet, um den Pflegeberuf aufzuwerten. Ein höherer Mindestlohn für Pflegeberufe ist beschlossene Sache. Gegen heftige Widerstände privater Arbeitgeber kämpfen Spahn und Heil auch für einen bundesweiten Tarifvertrag in der Branche.


Quelle:
KNA