Kardinal Juan Jose Omella, Erzbischof der Hauptstadt der autonomen Provinz und neuer Vorsitzender der Spanischen Bischofskonferenz, entschied sich für die Durchführung des Gottesdienstes, obwohl die Behörden das untersagt hatten. Stunden zuvor hatte seine Erzdiözese rechtliche Schritte gegen die "einseitige Beschneidung" der Religionsfreiheit angekündigt.
Katalonien ist derzeit der Hotspot von Spaniens zweiter Corona-Welle, hier gab es zuletzt die Hälfte aller täglich rund 300 bestätigten Covid-19-Neuinfektionen. Am Wochenende hatte die Regionalregierung die Schließung sämtlicher Diskotheken und Konzertsäle mit Tanzflächen sowie für Bars, Restaurants, Spielhallen und Kasinos eine Sperrstunde angeordnet. Dass zugleich Gottesdienste seit einer Verfügung der Regionalregierung vom 17. Juli nur mit zehn Personen stattfinden dürfen, bezeichnete Kardinal Omella laut dem Portal cruxnow.com (Montag) als "ungerecht und diskriminierend".
"Wir alle sind Kirche"
Die Einladungen zum Gedenkgottesdienst waren an Familienangehörige der Verstorbenen und an medizinisches Personal ergangen, und zwar laut Omella bereits vor der behördlichen Beschränkung. Selbst wenn alle 500 Eingeladenen erschienen wären, wäre die von Stararchitekt Antonio Gaudi entworfene Basilika nur zu 23 Prozent ihrer Kapazität ausgelastet gewesen, sagte er; zudem halte man sich sehr genau an die für Innenräume geltenden Corona-Schutzmaßnahmen. Ursprünglich hatte sich auch Barcelonas Bürgermeisterin Ada Colau angekündigt, ihre Teilnahme aber zwei Stunden vor Beginn wieder abgesagt.
Beim Gottesdienst betonte Omella, die Kirche wolle nicht auf Konfrontationskurs gehen, sondern biete ihre Hilfe bei der Krisenbewältigung an. Der Kardinal ging auch auf zu Beginn der Pandemie geäußerte Vorbehalte von Menschen ein, die danach gefragt hätten, wo die Kirche sei. "Ihr wart hier: Ärzte, Ordensleute, Priester, die Gesundheitsbediensteten - alle, die sich auf verschiedenste Weisen für andere einsetzen. Als Getaufte sind wir alle Kinder Gottes, die ihren Glauben mit anderen teilen. Wir alle sind Kirche", so der Erzbischof.
Die Sagrada Familia war an den ersten beiden Juliwochenenden nach monatelanger Schließung für Berufsgruppen im Dienst an Covid-19-Patienten und am 18. Juli für die Allgemeinheit geöffnet worden - bei kostenlosem Eintritt. Im Rahmen der bis Dezember andauernden Aktion "Hora Barcelona" will die katalanische Regierung alle Bewohner der Stadt würdigen, die sich während der ersten Hauptphase der Pandemie an die verordnete Selbstisolation gehalten haben. Wie es zuletzt hieß, ist der Zeitplan für die Vollendung der Basilika bis zum Jahr 2026 angesichts des nahezu kompletten Ausfalls von Touristen und somit auch der Eintritts-Einnahmen ungewiss.