DOMRADIO.DE: Welche Ämter wollen diese sieben Frauen erobern? Sind das Schlüsselpositionen, von denen wir da sprechen?
Caroline Kanter (des. Leiterin des Pariser Büros der Konrad Adenauer Stiftung) Ja, teilweise handelt es sich in der Tat um Schlüsselpositionen. Allen voran fordert Anne Soupa die nächste Erzbischöfin von Lyon zu werden. Aber es sind unterschiedliche Positionen, die eingefordert werden. Zum einen sind das Laienpredigerinnen, aber auch Diakoninnen, Bischöfinnen oder auch Pfarrerinnen. Es sind, wie gesagt, unterschiedliche Ämter, auf die sich diese Frauen bewerben möchten.
DOMRADIO.DE: Nutzen die da gerade eine Chance? Heißt das auch, es werden viele Stellen in Frankreich gerade frei in der Kirche und könnte das eine Art Generationswechsel bedeuten?
Kanter: Es werden circa ein Viertel der Ämter neu zu besetzen sein in den nächsten eineinhalb, zwei Jahren. Aber ob man mit dieser Strategie und auch mit dieser Provokation wirklich erfolgreich sein wird? Das würde ich mit einem großen Fragezeichen versehen wollen. Denn man muss wissen: Die französische katholische Kirche würde ich doch als recht konservativ bezeichnen. Auch die französischen Gläubigen. Es ist ein kleiner Teil der französischen Katholiken, die sich auch diesem Aufbegehren anschließen. Er stellt sicherlich nicht die Mehrheit der französischen Katholiken dar.
DOMRADIO.DE: Wie groß ist denn in Frankreich generell der Einfluss bzw. der Einflusswille der Frauen? Gibt es da etwas Vergleichbares wie hier in Deutschland Maria 2.0, dass sich Frauen zusammenschließen, um für mehr Rechte und Mitbestimmung in der Kirche zu kämpfen?
Kanter: Ja, die Gleichberechtigung oder Gleichstellung von Frauen und Männern spielt in der französischen Politik, in der französischen Gesellschaft, aber auch in der französischen katholischen Kirche eine wichtige Rolle. Vor circa zwölf Jahren wurde das Komitee gegründet - von diesen Frauen, die sich jetzt auch um diese konkreten Ämter beworben haben und die seit vielen Jahren die Rechte und auch die Ämter und die Gleichberechtigung der Frauen in der katholischen Kirche einfordern. Ich glaube, es herrscht eine gewisse Frustration, dass man in den vergangenen Jahren nicht sehr erfolgreich war. Und vielleicht hat man auch deshalb jetzt die Provokation und den Weg an die Öffentlichkeit gesucht, um mit dieser Aktion diese Gleichstellung herzustellen.
DOMRADIO.DE: In der letzten Woche hat ja ein Vatikanpapier für Aufsehen gesorgt. In Deutschland wurde vor allem der Aspekt diskutiert, dass Laien keine Gemeindeleitung übernehmen sollen, was ja schon jetzt in der Praxis in einigen Bistümern vorhanden ist. Was hat in Frankreich die Leute bewegt, oder hat das überhaupt Wellen geschlagen?
Kanter: Das ist eine gute und wichtige Frage, denn das Vatikanpapier hat in Frankreich in der Tat keine hohen Wellen geschlagen. Und auch diese Aktionen, über die wir sprachen, von diesen acht Frauen, die sich um die Ämter bewerben, wurde in den französischen Medien und in der französischen Öffentlichkeit im Grunde genommen sehr wenig diskutiert und kaum wahrgenommen. Ich glaube, man sollte das in einer größeren gesellschaftlichen und vielleicht auch politischen Debatte sehen, wo die Paritätsdebatte eine wichtige Rolle spielt. Wenn Sie daran denken, dass Emmanuel Macron jetzt auch eine neue Regierung gestellt hat und auch da stand die Frage der Gleichberechtigung im Raum und wie viele Frauen dann auch Ministerämter innehaben werden. Es ist eine gesellschaftliche Debatte, die auch in der französischen katholischen Kirche geführt wird.
Das Gespräch führte Jann-Jakob Loos.