DOMRADIO.DE: Die Bibel boomt also nach wie vor. Kann man das so sagen?
Tobias Keil (Weltbibelhilfe der Deutschen Bibelgesellschaft): Ja, auf jeden Fall – gerade in schwierigen Zeiten. Wenn wir an die Corona-Pandemie denken, bringt die Bibel vielen Menschen Hoffnung und Trost. Sie gibt natürlich auch Orientierung, wenn wir an die denken, die in Kriegsgebieten leben oder unter Verfolgung und Heimatlosigkeit leiden.
DOMRADIO.DE: Sprechen wir mal in Zahlen. Wo wird die Bibel denn am meisten verkauft? Ein Viertel wird ja digital verkauft. Ist der Rest dann die klassische Druckversion?
Keil: Das ist richtig. Vollbibeln, also Altes und Neues Testament, werden am meisten verkauft in Brasilien, in China und in den USA, gefolgt von Indien und Nigeria.
DOMRADIO.DE: Und wie wurden diese Zahlen ermittelt?
Keil: Der Weltverband der Bibelgesellschaften ist in 148 Ländern vertreten mit Bibelgesellschaften, die sich als Dienerinnen der Kirchen ihrer Länder verstehen. Sie arbeiten mit den Kirchen zusammen und verbreiten die Bibel und geben sie an die Kirchen verschiedener Denominationen weiter.
Sie handeln im Auftrag der Kirchen, und wo die Nachfrage da ist, da geben wir Bibeln weiter. Der ursprüngliche Auftrag der Bibelgesellschaften ist es ja, jedem eine Bibel zur Verfügung zu stellen, zu einem erschwinglichen Preis, in der Sprache seines Herzens und in dem Format, in dem er die Bibel benötigt.
DOMRADIO.DE: Was zeigt denn der Blick auf das Alter? Wer interessiert sich für die Bibel?
Keil: Wir haben ja immer jüngere Gesellschaften, vor allen Dingen, wenn man auf Afrika und Asien blickt. Das nehmen teilweise die Menschen unter 25 Jahren einen hohen Bevölkerungsanteil ein, und die älteren möchten ihren Kindern den Glauben, den sie selbst in ihrer Jugend erlebt haben, an ihre Kinder weitergeben.
DOMRADIO.DE: Würden Sie denn sagen, dass die Digitalisierung das Interesse für die Bibel oder das Bild der Bibel noch einmal verändert hat? Ein Viertel der verbreiteten Exemplare ist ja schließlich in digitaler Form zu den Lesern gekommen.
Keil: Wir müssen sehen, dass die Digitalisierung tatsächlich voranschreitet. Was viele hier nicht denken und was für mich auch ein bisschen überraschend war, wenn sie an das Buch von Sascha Lobo denken – "Realitätschock": Menschen in Afrika, auch wenn sie sehr arm sind – da hat fast jeder ein Handy. Und da ist es natürlich einfacher, wenn man sich eine Bibel-App herunterladen kann. Man hat gleich die Bibel in seiner Sprache mobil dabei und muss nicht mehr ein Kilo schweres mit sich herumschleppen, sondern hat Gottes Wort gleich verfügbar.
Das Interview führte Julia Reck.