DOMRADIO.DE: Die Zusammenlegung der mitteleuropäischen Provinzen ist schon einige Jahre in Planung. Wie kam es denn dazu?
P Bernhard Bürgler SJ (ernannter Provinzial der zentraleuropäischen Jesuiten): Hintergrund ist natürlich die abnehmende Zahl von Mitbrüdern in verschiedensten Gegenden der Welt, in verschiedensten Provinzen. Aber darüber hinaus auc jeweils eine Struktur zu schaffen, die unsere Sendung dient. Was im Moment in manchen Gegenden, in manchen Provinzen nicht mehr der Fall ist.
Dann ging es um die Frage Wie könnte das in Mitteleuropa ausschauen? Es gab verschiedenste Gespräche zwischen den Provinzen, welche Provinzen mit welchen eine Einheit auf Zukunft hin bilden könnten. Es ist dann so gekommen, dass sich die deutsche, die österreicher, die schweizer und die litauisch-lettische Provinzen zusammengetan haben und gesagt haben: Wir möchten zusammen diesen Prozess beginnen, zusammen diesen Prozess gehen, und am Ende soll die zentraleuropäischen Provinz stehen.
DOMRADIO.DE: "Eine Struktur, die der Sendung dient" sagen Sie, wann ist das denn nicht mehr der Fall?
Bürgler: Je kleiner eine Provinz wird, desto schwieriger ist auch die Sendung. Zum Beispiel, dass man für die Institutionen, die in einer Provinz sind, genügend fähige und interessierte Mitbrüder hat. Wenn man in einer größeren Einheit ist, findet man leichter solche Mitbrüder. Also kann man die Sendung, die man eigentlich möchte, eher durchführen.
Umgekehrt gilt das auch: Man hat in einer Provinz Leute mit bestimmten Begabungen, möglicherweise gibt es in einer kleineren Einheit gerade für diese Begabung keinen geeigneten Ort. In einer größeren Einheit findet man das leichter. Das ist ein Grund, warum sich eine größere Einheit als Provinz anbietet.
DOMRADIO.DE: Da wird dann sicher auch die internationale Zusammenarbeit eine größere Rolle spielen, in einer Zeit, in der nationalistische Tendenzen wieder erstarken. Wie geht man um mit diesem Konflikt, dieser Herausforderung?
Bürgler: Ich gebe Ihnen recht, dass der Zeitgeist gesellschaftlich eher in die Richtung Nationalität geht. Unser Ordenscharisma geht von Beginn an in die Gegenrichtung. Die ersten Gefährten von unserem Ordensgründer Ignatius von Loyola kamen aus verschiedenen Nationen. Ignatius dachte nie in Nationen, Ignatius dachte weltweit. Sowohl, was die Gegenden betraf, wohin er die Leute gesandt hat oder senden wollte, als auch, woher die Leute kamen.
Wir treten strenggenommen auch nicht in eine Provinz ein, sondern in die Gesellschaft Jesu. Bei allem Respekt der Nationalität, der Kultur, der Gegebenheiten vor Ort, was ja auch Ingatius und uns wichtig ist, bei allem Respekt davor, glaube ich, könnte es gerade in heutiger Zeit ein Signal sein, wenn wir über nationale Grenzen hinausgehen und vorzeigen, vorleben, dass eine weitere Sicht Vorteile hat und dem christlichen auch mehr entspricht.
DOMRADIO.DE: Damit soll der Jesuitenorden auch für die Zukunft bereit gemacht werden. Wie sieht ihre Vision des Ordens und der Kirche für die Zukunft aus?
Bürgler: Wir respektieren als Orden natürlich unsere Kräfte, sowohl finanziell wie personell. Aber ich wünsche mir, dass wir in verschiedensten Bereichen präsent, relevant und auch wirksam sind. Wir haben drei große Bereiche gebündelt: Spiritualität, Bildung und Soziales. Wenn es uns gelingt, uns in diesen Bereichen vielleicht mehr noch zu profilieren, dann glaube ich, dass wir einen Beitrag für die Menschen geben können, aber auch einen Beitrag in der Kirche und für die Kirche.
DOMRADIO.DE: Als zentraleuropäische Provinz des größten katholischen Männerordens haben Sie dann ja auch weltkirchlich Gewicht, gerade, da wir mit Papst Franziskus erstmals einen Jesuiten als Papst haben. Wollen Sie da auch im Vatikan ihre Stimme erheben, oder schauen Sie erst mal nach innen, um die Gemeinschaften zusammen zu bringen?
Bürgler: Ich denke, dass beides wichtig sein wird, und ich sehe beides als meine Aufgabe. Natürlich zunächst nach innen in den Orten, aber auch nach außen zu schauen. Wir sind nicht nur da für wir uns selbst, sondern für die Menschen, und tun das im Dienst der Kirche. Deswegen, glaube ich, ist es auch gut, eine Stimme in der Kirche und eine Stimme zur Leitung der Kirche zu sein.
DOMRADIO.DE: Ihre neue Provinz wird ab kommendem Jahr dann 443 Brüder haben, zu denen Sie als Provinzial auch allen Kontakt haben müssen. Bangt es Ihnen vor dieser großen Aufgabe?
Bürgler: Ich habe großen Respekt vor der Herausforderung. Ich denke, es ist eine große Aufgabe, gerade die cura personalis, wie wir das nennen, also die Sorge um die Mitbrüder. Bei dieser Anzahl und bei dieser Größe ist das schon eine eine große Herausforderung, vor der ich stehe.
Das Gespräch führte Renardo Schlegelmilch.