Als Streikführer Lech Walesa am 31. August 1980 das Danziger Abkommen unterzeichnet, ist das die offizielle Geburtsstunde der polnischen Gewerkschaft Solidarnosc. Damit wurde im Ostblock erstmals eine unabhängige Gewerkschaft anerkannt. Zuvor hatten Arbeiter der Lenin-Werft gestreikt. In Polen war Solidarnosc ("Solidarität") eine Oppositionsbewegung, deren Gründung vor 40 Jahren als ein Meilenstein beim Untergang des Kommunismus in Osteuropa gilt. Bis zu zehn Millionen Mitglieder gehörten in Hochphasen der Solidarnosc an.
Rolle von Papst Johannes Paul II.
Bei ihrer Gründung 1980 war auf gewisse Weise auch Papst Johannes Paul II. (1978-2005) dabei - freilich nicht persönlich. Aber das Kirchenoberhaupt aus Polen hatte bei einem Besuch in der Heimat 1979 zur Erneuerung des Landes aufgerufen und die demokratische Opposition gestärkt. Und Walesa hielt, als er das Abkommen mit dem Vize-Ministerpräsidenten Mieczyslaw Jagielski unterschrieb, einen übergroßen Kugelschreiber mit dem Konterfei des Papstes in der Hand.
Ohnehin unterstützten die Kirche und Intellektuelle die demokratischen Oppositionsbestrebungen in Polen. Bekannt ist etwa der "Solidarnosc-Priester" Jerzy Popieluszko, der 1984 vom polnischen Geheimdienst getötet und später seliggesprochen wurde. Sein Tod fällt in eine Zeit, in der Solidarnosc mit einem Verbot belegt worden war und im Untergrund agierte: zwischen der Ausrufung des Kriegsrechts im Dezember 1981 und 1989, als Gespräche am Runden Tisch einen Neuanfang ermöglichten.
"Der Heilige Geist gab uns den polnischen Papst"
Einer der ganz Großen der Solidarnosc-Bewegung war Walesa, ehemaliger Elektriker und Streikführer, später Friedensnobelpreisträger und Präsident. Auf die damalige Rolle von Papst Johannes Paul II. angesprochen, sagte Walesa zu seinem 75. Geburtstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), er sei praktizierender Katholik. "Der Heilige Geist gab uns den polnischen Papst, der uns alle vereinigt hat. Wir beseitigten den Kommunismus."
Vor zwei Jahren würdigte der damalige Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, das Wirken der Solidarnosc bei einem Besuch in Danzig (Gdansk): In den 1980er Jahren hätten Menschen ihr Leben für die Freiheit riskiert. Marx unterstrich den Beitrag der Kirche und insbesondere des damaligen Papstes Johannes Paul II. für die polnischen Freiheitsbestrebungen. Dies zeige das Engagement einer Kirche, die in die Gesellschaft vernetzt sei und die Freiheit unterstütze.
Marx traf sich bei der Gelegenheit auch mit Walesa. Das war im europäischen Solidarnosc-Zentrum am Gelände der früheren Lenin-Werft, das die Ereignisse von damals Revue passieren lässt. Davor steht das Denkmal für gefallene Werftarbeiter, das an die Opfer des blutigen Dezembers 1970 erinnert, als schon einmal Arbeiter der Werft für politische und wirtschaftliche Reformen demonstrierten.
Verbindungen und gegenseitiger Respekt
Verbindungen und gegenseitiger Respekt der katholischen Kirche und der Solidarnosc waren und sind weiterhin da - bis hinauf zu den Päpsten. Gewerkschaftschef Piotr Duda etwa sagte vor einigen Jahren der polnischen Nachrichtenagentur KAI: "Die Solidarnosc wurde unter dem Kreuz geboren." Sie sei "immer mit der Kirche verbunden und wird es bleiben".
Papst Johannes Paul II. erklärte in der Sozialenzyklika "Laborem exercens" von 1981 unter anderem mit Blick auf Solidarnosc das Recht auf Gewerkschaften zum unantastbaren Grundrecht. Und Papst Franziskus lobte im 35. Gründungsjahr der Solidarnosc deren Einsatz für Arbeits- und Grundrechte. Denn noch heute ist die Gewerkschaft aktiv - mit weitaus weniger Mitgliedern und nicht mehr ums große Ganze ringend.
Und wie ist es heute um die Solidarität in Europa bestellt? "Die große Diskussion ist nun: Wie soll Europa aussehen? Auf welchen Fundamenten sollte es stehen?", sagte Walesa der KNA. "Wir sind auf der Suche. Die Union ist unter anderen Voraussetzungen entstanden. Die Frage ist: Lohnt es sich, die Union zu reparieren, oder soll sie grundsätzlich neu aufgebaut werden? Wir haben zwei Optionen."