Damit in der Kirche nicht auch Weihnachten ausfällt

Bloß keine wirklich "stille Nacht"

Die Kirche wurde im Frühjahr vom Lockdown kalt erwischt. Öffentliche Feiern der Kar- und Ostertage wurden coronabedingt abgesagt, es hagelte teils harsche Kritik. Um Weihnachten soll das nicht noch einmal passieren.

Autor/in:
Angelika Prauß
Weihnachtsbaum / © IgorAleks (shutterstock)

Die ersten Spekulatius und Lebkuchen sind wieder im Laden. Und ausnahmsweise machen sich auch die Kirchen schon jetzt Gedanken, wie sie im Coronajahr Advent und Weihnachten feiern können.

Das, was in diesem Frühjahr passierte, soll eine Ausnahme bleiben: Öffentliche Gottesdienste waren am höchsten Fest der Christenheit verboten, Ostern musste im stillen Kämmerlein gefeiert werden. Predigten oder ganze Gottesdienste, die Gemeinden über verschiedene Kanäle im Internet anboten, waren nicht jedermanns Sache. Für viele Gläubige waren das Notlösungen, die die persönliche Mitfeier der Messe und die Begegnung mit anderen nicht ersetzen konnten.

Deshalb überlegen die Kirchen schon jetzt, wie sie die Advents- und Weihnachtszeit unter Corona-Vorzeichen feiern können. Schließlich hatten sie - anders als im Frühjahr - nun mehrere Monate Zeit, sich auf die Pandemie einzustellen, Sicherheitskonzepte zu erarbeiten und Erfahrungen mit Freiluftgottesdiensten sowie Messen mit Voranmeldung zu machen.

Wie wäre es mit Online-Veranstaltungen?

Gegen die Ratlosigkeit, wie die Kirche coronagerechte Seelsorgeangebote ermöglichen kann, bietet das Erzbistum Freiburg mehrere Online-Veranstaltungen: etwa das "Inspirationstreffen zu Advent und Weihnachten in besonderen Zeiten" am 24. September, eine "Praxiswerkstatt Krippenspiel" am 7. Oktober oder zwei Tage später ein Seminar für Nikolausdarsteller.

Die Resonanz auf das Angebot sei "unglaublich", freut sich Gabi Kunz, Mitarbeiterin im Seelsorgeamt Freiburg. Bereits jetzt gebe es rund 190 Anmeldungen, auch aus anderen Diözesen. "Die Leute brauchen einfach Informationen", erklärt sie die große Nachfrage. So war es auch vor Ostern, als ihr Kollege Tobias Aldinger erstmals solche Online-Veranstaltungen angeboten hatte, damit Ostern trotz Corona-Krise kreativ gefeiert werden konnte.

Der Fuldaer Bischof Michael Gerber hat in den zurückliegenden Krisen-Monaten die Zusammenarbeit mit der evangelischen Kirche schätzen gelernt. Und die soll weitergehen: In den kommenden Wochen würden mit Caritas und Diakonie Ökumene-Aktionen zu Advent und Weihnachten erarbeitet, kündigte der Bischof an.

Es soll keine "stille Nacht" geben

Das Jahresende ist traditionell eine Hochzeit der Kirchenmusik. Damit es keine buchstäblich "stille Nacht" wird, denkt auch der Allgemeine Cäcilienverband Deutschlands (ACV) darüber nach, was musikalisch gehen könnte. Schließlich sei diese Zeit selbst bei kirchenfernen Menschen "mit bestimmten Liedern und konkreter geistlicher Musik verbunden". Im Herbst würden die Chöre "mit konkreten Probenzielen" loslegen; weil die Entwicklung der Corona-Fallzahlen nicht vorhersehbar sei, könnten die Verantwortlichen in den Chören aber "nur auf Sicht fahren", sagt ACV-Präsident Marius Schwemmer.

Erste Überlegungen gingen in die Richtung, vorrangig A-cappella-Werke oder Werke mit Orgelbegleitung auszuwählen oder auch Chöre in kleinere Ensembles aufzuteilen. Möglich seien auch Open-Air-Messen mit weniger strengen Hygienevorgaben als in einem Gebäude. Einige Pfarreien hätten bereits vor Corona gute Erfahrungen mit Weihnachtsgottesdiensten im Freien oder mit einer "Waldweihnacht" gemacht. Schwemmer ist überzeugt, dass es "sehr kreative Ideen" geben wird - und auch Chormusik "in einer verantwortungsvollen und findigen Form erklingen wird".

Was wird aus der Weihnachtskollekte?

Traditionell denken die Gottesdienstbesucher an Weihnachten auch an andere und spenden gerne. Ein Umstand, den sich das Lateinamerikahilfswerk Adveniat zu Nutze macht. In den am besten besuchten Messen des Jahres sammelt Adveniat traditionell für Notleidende in Lateinamerika. Was aber, wenn die Messen am 24. und 25. Dezember in diesem Jahr coronabedingt deutlich weniger besucht werden? Droht ein ähnlicher Spendeneinbruch wie bei der Pfingstkollekte des Osteuropahilfswerks Renovabis? In diesem Frühsommer wurden dabei immerhin 40 Prozent weniger gegeben, nur knapp 700.000 Euro.

Pater Michael Heinz, Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, bereitet das Sorge. Angesichts der gebotenen Abstandsregeln drohe die Weihnachtskollekte wegzubrechen.

"Weniger Gottesdienstbesucher bedeutet weniger Kollekten-Einnahmen", weiß Heinz. Zugleich benötigten die Armen in Lateinamerika und in der Karibik gerade jetzt dringend Hilfe: Derzeit stünden die Menschen angesichts des Virus vor der Wahl "Ansteckung oder Hunger". Bislang hat Adveniat seinen Partnern vor Ort rund 6,1 Millionen Euro für Projekte zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und deren Folgen zur Verfügung gestellt.

Damit der Geldfluss nicht versiegt, hat Adveniat mit fünf anderen katholischen Hilfswerken und der Deutschen Bischofskonferenz schon am 6. September zu Spenden in Zeiten der Pandemie aufgerufen. Zudem arbeite Adveniat daran, wie an Weihnachten Menschen erreicht werden können, die aufgrund von Corona-Beschränkungen nicht an Gottesdiensten teilnehmen können, erklärt Heinz. Angedacht sei etwa eine digitale Kollekte.

Sternsinger bereiten sich vor

Auch die Sternsinger überlegen, wie sie an diesem Jahresende Geld für notleidende Kinder sammeln können. Schließlich hätten sich im Corona-Jahr die Probleme für junge Menschen noch einmal verschärft.

So habe ausbeuterische Kinderarbeit zugenommen, und es drohten Hungersnöte, sagt Dirk Bingener, Präsident des Hilfswerks der Sternsinger.

Deshalb werden die Sternsinger auch in diesem Jahr von Tür zu Tür ziehen, um Geld zu sammeln, erklärt Bingener. Zugleich wisse man um die Verantwortung, besonders beim Besuch von älteren oder kranken Menschen, für die ein erhöhtes Infektionsrisiko bestehe. "Sternsingen auf Abstand, unterwegs mit Mund- und Nasenschutz, ein Sternsingerkonzert vor dem Seniorenheim, eine kontaktlose Spendenübergabe - es gibt eine ganze Reihe von Ideen und Maßnahmen, die wir aktuell vorbereiten." Schließlich sei der persönlich überbrachte Segen der Sternsinger "ein wichtiges Zeichen für Hoffnung, Zuversicht und Zusammenhalt". Danach sehnten sich viele Menschen in unsicheren Zeiten besonders.


Eröffnung der Adveniat-Aktion 2016 / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Eröffnung der Adveniat-Aktion 2016 / © Rolf Vennenbernd ( dpa )

Sternsinger unterwegs - dieses Jahr nicht / © Werner Schuering (KNA)
Sternsinger unterwegs - dieses Jahr nicht / © Werner Schuering ( KNA )

Stille Nacht / © Michael Kappeler (dpa)
Stille Nacht / © Michael Kappeler ( dpa )
Quelle:
KNA