DOMRADIO.DE: Warum produzieren gerade reiche Menschen so viel CO2?
Steffen Küßner (Pressesprecher von Oxfam): Es gibt einen in vielen Studien gut belegten Zusammenhang. Die CO2-Emissionen wachsen mit Einkommen, und zwar deswegen, weil mehr Konsum stattfindet. Reiche Menschen reisen mehr. Die reichsten zehn Prozent der Haushalte sind für fast die Hälfte des Energieverbrauchs verantwortlich, die über den Verkehr über Land geschehen, und für drei Viertel des durch den Flugverkehr erzeugten Energieverbrauchs.
Dieser Zusammenhang hat uns dahin gebracht, dass wir da ein bisschen genauer hingeschaut haben. Zwei wesentliche Aussagen machen wir in unserem Bericht: Der Lebensstil einer wohlhabenden Minderheit heizt die Klimakrise stärker an als gemeinhin angenommen. Über die Hälfte der CO2-Emissionen in den letzten Jahrzehnten wurde durch das reichste zehn Prozent der Weltbevölkerung produziert.
Die zweite wichtige Aussage ist: Die Zeit drängt, denn wir haben nur ein begrenztes CO2-Volumen, was wir noch in die Luft blasen dürfen, bevor wir die kritische Grenze von 1,5 Grad übersteigen. Dieses Budget ist fast aufgebraucht, und zwar fast ausschließlich durch Menschen, denen es ohnehin schon gut geht.
DOMRADIO.DE: Die Klimakrise bleibt ein beherrschendes Thema weltweit, nächsten Freitag gibt es wieder Proteste von "Fridays for future" in Deutschland. Welche Faktoren beschleunigen denn diese Klimakrise?
Küßner: Ein unserer Auffassung nach wesentlicher Faktor ist das Problem sozialer Ungleichheit. Das heißt, dass die Wohlstandsgewinne auf der Welt extrem ungleich verteilt sind. Würden wir also in diesem Maße weitermachen, würden sich die weltweite Armut und die Klimakrise immer weiter verschärfen. Das heißt, wir müssen wesentlich in der Art und Weise, wie wir leben, umsteuern. Und selbst dann sind wir noch deutlich nicht dort, wo wir sein sollten.
DOMRADIO.DE: Sie geben der Politik eine Mitschuld an dieser Entwicklung. Was läuft verkehrt?
Küßner: Der exzessive CO2-Verbrauch der Reichen geht auf Kosten von allen und muss dringend eingeschränkt werden. Ein Beispiel: Da die Wohlhabenden sehr stark für die Emissionen im Verkehr zuständig sind, wären Steuern für klimaschädliche SUVs und häufiges Fliegen ein wichtiger erster Schritt.
Solche Einnahmen müsste dann die Regierung in klimaeffiziente Mobilität, in öffentliche Infrastrukturen, Dienste und in soziale Absicherung investieren. Das würde nicht nur die Emissionen senken, sondern auch Armut und Ungleichheit überwinden.
Das Interview führte Carsten Döpp.