Ex-Chefredakteur von evangelikaler Zeitschrift wird katholisch

Die Rückkehr eines Suchenden

Mark Galli bricht mit den US-Evangelikalen, die Donald Trump unkritisch folgen. Mit seiner Konversion zum Katholizismus kehrt der ehemalige Chefredakteur der "Christianity Today" in die Kirche seiner Kindheit zurück.

Autor/in:
Thomas Spang
Zeitungen / © qvist (shutterstock)

Als Mark Galli im Dezember vergangenen Jahres seine Abrechnung mit Donald Trump präsentierte, brach die Webseite von "Christianity Today" (CT) zusammen. Nie zuvor wollten so viele Interessierte den Leitartikel des Mannes lesen, der das von Billy Graham gegründete Sprachrohr der Evangelikalen in Amerika noch bis zum Januar als Chefredakteur führte.

Trump habe einen "grob unmoralischen Charakter", schrieb Galli zum laufenden Impeachment-Prozess des Präsidenten und forderte, er müsse des Amtes enthoben werden. Diese Meinung grenzt in der Welt der treuesten Anhänger des Präsidenten an Ketzerei. Daraufhin griffen 200 führende Evangelikale Galli in einem offenen Brief an. Andere bescheinigten dem Chefredakteur Mut, etwas ausgesprochen zu haben, was sie schon lange dachten, aber sich nie getraut hätten zu sagen.

Trump: "Ein linksradikaler Ungläubiger"

Trumps Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Galli sei "ein linksradikaler Ungläubiger", twitterte der Präsident.

Der Kritisierte zog Konsequenzen und verließ "Christian Today", ein Magazin, das er über 20 Jahre als Autor und Chefredakteur entscheidend mitgeprägt hatte. Dass er durch den Leitartikel nicht nur mit Trump, sondern der Welt der Evangelikalen gebrochen hatte, rückte ein halbes Jahr später in den Blick. Galli sorgte da nochmals für Schlagzeilen, als er am 13. September in der Kathedrale Saint Raymond Nonnatus in Joliet im US-Bundesstaat Illinois seine Aufnahme in die katholische Kirche feierte.

Als Firm-Namen wählte er den des heiligen Franz von Assisi, mit dessen Wirken sich Galli lange beschäftigt hatte. Fasziniert hat ihn aber auch die Enzyklika "Der Glanz der Wahrheit" von Papst Johannes Paul II. "Ich war erstaunt, dass dieselbe Kirche beide, Franziskus und Johannes Paul II. hervorbrachte", erklärte der Ex-Evangelikale in einem Interview.

Zurück in die katholische Kirche

Sein Weg zurück zur römisch-katholischen Kirche ist jedoch auch sonst bemerkenswert. Galli wuchs in Kalifornien unter dem Einfluss seiner katholischen Großmutter auf und ging dort zur Erstkommunion. Seine Eltern blieben der Messe fern.

Mit 13 entdeckte seine Mutter den evangelikalen Prediger Billy Graham. Es folgten prägende Jahre in einer, wie sich Galli erinnert, "sehr konservativen" Gemeinde. Als Student besuchte er dann presbyterianische Kirchen, um Ende der 1980er-Jahre Mitglied der Episkopal-Kirche zu werden, gefolgt von einem kurzen Zwischenspiel in der orthodoxen Kirche.

Die Suche nach einem neuen religiösen Zuhause teilt er mit einem Drittel der Amerikaner, die laut Pew Research irgendwann Abschied von der Kirche ihrer Kindheit nehmen. Dass er in den Schoß der katholischen Kirche zurückgekehrt ist, gehört zu den seltenen Ausnahmen. Zumal sich Konvertiten in den USA eher weg als hin zum Katholizismus bewegen. Auf sechs Abgänge kommt nur ein Zugang.

So viel Wirbel wie Galli mit seinem Leitartikel ausgelöst hatte, so sehr betont er heute, dass der endgültige Abschied von den Evangelikalen rein persönlicher Natur sei. Vom freikirchlichen Mainstream habe er sich schon seit Jahren langsam entfernt.

Galli: Als läse niemand mehr das Evangelium

Als Chefredakteur bot er ein breites Spektrum christlicher Themen zu einer Zeit an, als sich die Evangelikalen auf Trump-Kurs befanden. Das frustrierte ihn, berichten Menschen, die Galli kennen. Ihn störte, wie weit sich die Führer der Evangelikalen von der Bibel entfernt hätten. Es sei ihm oft so vorgekommen, als lese kaum jemand mehr das Evangelium, sagte Galli gegenüber CNN. Dass CT-Gründer Graham bei den letzten Wahlen vor seinem Tod im Jahr 2018 Trump noch seine Stimme gegeben hatte, konnte der Chefredakteur nicht nachvollziehen.

Galli sagt, die Willkürlichkeit der Verkündigung in der Welt der Evangelikalen habe in ihm das Bedürfnis nach Unterwerfung unter die kirchliche Autorität geweckt. Am Katholizismus fasziniere ihn, dass er Dinge "tun müsse", ob er wolle oder nicht. "Wenn man es mir überlässt, bin ich ein fauler Mistkerl", begründet er seine Sehnsucht nach Führung. "Ich möchte mich etwas unterwerfen, das größer ist als ich selbst."


Quelle:
KNA