John Jenkins, Präsident der katholischen Universität Notre Dame, bedauert seine Entscheidung, ohne Abstand und Maske an der Zeremonie für Donald Trumps "Supreme Court"-Kandidatin Barrett im Weißen Haus teilgenommen zu haben. Das war am Samstag vor einer Woche, als die Ehrengäste dicht gepackt im Rosengarten nebeneinander saßen. Ein "Super Spreader"-Event, das Jenkins zum Corona-Patienten machte.
Während der Dekan der Juristischen Fakultät von Notre Dame, Marcus Cole, Mund-Nase-Schutz trug, passte sich Jenkins den Maskenverweigerern der Trump-Welt an - und erkrankte wie viele von ihnen, obwohl er an seinem Campus in South Bend im Bundesstaat Indiana hart gegen Studenten vorgeht, die sich nicht an die Schutzmaßnahmen halten. Die reagierten prompt und warfen ihm "Heuchelei" vor.
Statt Werbung für die Kaderschmiede zu machen, schadete Jenkins ihrem Image. Sein "Masken-Fauxpas" irritierte umso mehr, als die Universität wegen der Pandemie im Sommer die Ausrichtung der ersten Präsidentschaftsdebatte auf ihrem Campus abgesagt hatte.
Notre Dame gilt als katholische Konkurrenz zu Harvard
Notre Dame ist neben der Washingtoner Georgetown-University die katholische Vorzeigehochschule. Mit ihrem Stiftungsvermögen von fast 14 Milliarden US-Dollar zählt sie zu den zehn reichsten Universitäten der USA. Als katholische Konkurrenz zu Harvard, Yale oder Princeton wetteifert sie seit Jahrzehnten um Wissenschaftler, Studenten und Rankings. Unter Leitung von Theodore Hesburgh (1952-1987) entwickelte sich die Hochschule zu einer gesellschaftlichen Kraft mit Einfluss im politischen Raum sowie zu einem Zentrum für Menschenrechte.
Prominente wie der Bürgerrechtler Martin Luther King fühlten und fühlen sich der Universität freundschaftlich verbunden.
Die fast 180 Jahre alte Hochschule mit ihren mehr als 12.000 Studenten hat reihenweise berühmte Absolventen hervorgebracht; darunter der Embryonen-Forscher Eric Wieschaus, der 1995 den Nobelpreis erhielt. Mit dem Ex-Notre-Dame-Studenten Pete Butigieg hatten die Demokraten einen aussichtsreichen Kandidaten für die US-Präsidentschaft im Rennen. Donald Trumps Leibarzt Sean Conley machte hier seinen Abschluss. Und mit der Rechtsprofessorin Amy Coney Barrett sitzt demnächst vielleicht die erste Notre-Dame-Absolventin im höchsten Richtergremium des Landes.
Distanz zu den Präsidentschaftskandidaten beider Lager
Conley und Notre-Dame-Präsident Jenkins müssen sich des Vorwurfs erwehren, allzu nachgiebig gegenüber Trump zu sein. Dabei legt Jenkins öffentlich Wert darauf, die Unabhängigkeit der Elite-Universität zu bewahren. Im traditionell konservativen Bundesstaat Indiana mit viel Rückendeckung für Trump verhält er sich im Wahlkampf neutral.
Kürzlich intervenierte Jenkins, als die Football-Ikone Lou Holtz im August beim Republikaner-Parteitag Joe Biden dessen katholischen Glauben absprach. Der langjährige Trainer des Universitäts-Football-Teams hatte Biden vorgehalten, er sei nur "ein Katholik dem Namen nach". Jenkins machte deutlich, dass Holtz' Meinung nicht die Position der Hochschule sei. Die Verwendung des Namens der Universität beim Parteitag dürfe "nicht so verstanden werden, dass Notre Dame einen Kandidaten unterstützt".
Nun muss sich deren Präsident wegen seiner Masken-Ignoranz selbst den Vorwurf gefallen lassen, zu viel Nähe zu Trump gezeigt zu haben. Dass Barretts Bestätigung im Senat für den Supreme Court möglicherweise durch das Super-Spreader-Event im Weißen Haus in Gefahr gerät, bleibt dabei genauso wenig unbemerkt wie die Geschichte um Jenkins als "Wiederholungstäter": Schon im August musste er sich bei seinen Studenten entschuldigen, nachdem er bei der Wiedereröffnung der Uni mitten in der Pandemie auf einem Gruppenfoto zu sehen ist, wo alle um ihn herum Masken trugen, er aber nicht.