Der Titel ändert sich, der Name bleibt: Am Samstag hat Papst Franziskus Erzbischof Pierbattista Pizzaballa zum neuen Lateinischen Patriarchen von Jerusalem ernannt. Damit ist der 55-jährige Franziskaner nach vier Jahren Interimsverwaltung offiziell höchster Vertreter der katholischen Kirche im Heiligen Land. Nach zwei Arabern hat damit wieder ein Italiener diesen Posten inne.
Pizzaballa ist kein Unbekannter im Heiligen Land. Schon beim Überschreiten der Altersgrenze von Vorgänger Fouad Twal im Oktober 2015 galt der Kenner der komplexen und konfliktträchtigen Realitäten in Nahost als einer der Kandidaten für das Patriarchenamt. Stattdessen bestellte ihn Papst Franziskus im Juni 2016 zunächst zum Apostolischen Administrator.
Große Schuldenlast
In dieser Funktion ordnete der Italiener insbesondere die Finanzverwaltung des Bistums und konnte zuletzt durch den Verkauf von Ländereien die massive Verschuldung um knapp 60 Prozent reduzieren. Unter anderem zahlte das Patriarchat eine große Schuldenlast zurück, die mit der von Twal eingerichteten Amerikanischen Universität Madaba in Jordanien zusammenhing.
Wenige Tage vor seiner Ernennung zum Patriarchen legte Pizzaballa vor Grabesrittern in Rom seiner Sicht auf die kirchliche und politische Situation im Nahen Osten dar. Die gesamte Region befinde sich im Umbruch, so Pizzaballa unter Verweis etwa auf die Lage im Libanon und Syrien sowie die dortigen Interventionen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.
Rückgewinnung von Vertrauen und Zuversicht
Weiter betonte er: "Solange es für die palästinensische Frage, für das palästinensische Volk, keine klare und würdige Lösung gibt, gibt es auch keine Stabilität im Nahen Osten." Diese Frage stehe jedoch "seit geraumer Zeit nicht mehr auf der öffentlichen internationalen Agenda", was zu einer Isolierung der Palästinenser geführt habe.
Die Zwei-Staaten-Lösung bezeichnete der Erzbischof als grundsätzlich einzig mögliche Perspektive. Angesichts der aktuellen politischen Situation bleibe dies jedoch ein Fernziel, da es zwischen Israelis und Palästinensern keinen Dialog und kein Vertrauen gebe. Eine Rückgewinnung von Vertrauen und Zuversicht auf beiden Seiten könne wiederum nicht über Nacht geschehen.
Vom Dialog dürfe man nicht nur reden, sondern müsse ihn führen. "Und zwar in der konkreten Realität, auf dem Territorium. Ansonsten ist Dialog nur ein Slogan", sagte der Italiener. Die Christen im Heiligen Land bemühten sich um diesen Dialog, "der auf dem Leben aufbaut, das man gemeinsam man führt".
Fließend Hebräisch
Am 21. April 1965 in Cologno al Serio in der Diözese Bergamo geboren, studierte Pizzaballa in Bologna Theologie und Philosophie. Nach seiner Priesterweihe 1990 kam er nach Jerusalem, wo er nach dem Abschluss seiner Studien biblisches Hebräisch an der Franziskanerhochschule lehrte.
2001 übernahm Pizzaballa, der fließend Hebräisch spricht und gute Kontakte in die israelische Gesellschaft hinein unterhält, im Auftrag seines Ordens die Seelsorge für die hebräischsprachigen Christen in Jerusalem. Bei seiner Wahl zum Kustos 2004 war er 38 Jahre alt – der zweitjüngste in der jahrhundertelangen Geschichte der Kustodie. Das Amt hatte er zwölf Jahre inne.
"Mit Freude und Dankbarkeit"
In seinem neuen Amt steht er einem Kirchenbezirk vor, der neben Israel und den palästinensischen Gebieten auch Jordanien und Zypern umfasst. Nach vatikanischen Angaben zählt das Bistum 321.500 lateinische Katholiken in 71 Pfarreien. Unterstützt wird Pizzaballa von je einem Stellvertreter, sogenannten Patriachalvikaren, in Nordisrael (Hanna Kildani), Jordanien (William Schomali), Zypern (Jerzy Kraj), Jerusalem und Palästina (derzeit vakant) sowie einem in Jerusalem ansässigen Vikar für die hebräischsprachigen Katholiken (Rafic Nahra).
Die Katholiken in der Region begrüßten die Ernennung Pizzaballas zum Patriarchen "mit Freude und Dankbarkeit". Man wünsche ihm "Erfolg bei der Erfüllung seiner außergewöhnlichen Aufgaben, insbesondere unter diesen ungewöhnlichen Umständen", heißt es in einem Schreiben des Patriarchats von Samstagmittag. Es sind Wünsche, die der Franziskaner auf seinem neuen Posten nur zu gut gebrauchen kann.