"Dort oben leuchten die Sterne - und unten trotzen wir!" Das könnten viele Kinder am Martinstag zu Corona-Zeiten statt des Original-Liedtextes zu Sankt Martin singen. Dass bundesweit überhaupt Feste zu Ehren des heiligen Martin von Tours stattfinden können, dafür wollen die Kommunen und die Bistümer mit eigenen Konzepten sorgen. Der erneute Lockdown erschwert es Organisatoren, das beliebte Brauchtum in diesem Jahr durchzuführen.
Die Regelungen variieren je nach Region und den dortigen Corona-Zahlen - die 27 deutschen katholischen Bistümer orientieren sich mit ihren Empfehlungen an den jeweiligen Landesverordnungen, die aufgrund von aktuellen Infektions-Entwicklungen indes eine kurze Halbwertszeit haben.
Laternen in die Fenster
Das Fest soll auch trotz Corona gefeiert werden. Aber weil rund um den 11. November zumeist keine Martinsumzüge stattfinden können, sind Kinder und Familien aufgerufen, in den kommenden Tagen abends Martinslaternen und Kerzen in die Fenster zu stellen.
In den Bistümern Limburg, Mainz, Trier, Freiburg, Rottenburg, Köln und Aachen wurden vor allem über die kirchlichen Kindergärten mehrere Zehntausend feuerfeste Papiertüten verteilt, die mit Martins-Motiven bemalt und danach mit Kerzen beleuchtet werden können. Fotos der individuell gestalteten Laternen sollen unter dem Hashtag #stmartin2020 im Internet gepostet werden.
Es sei wichtig, in diesen Zeiten die Botschaft der Nächstenliebe analog und digital hinauszutragen, so die Organisatoren. Gemeinsam mit dem Kindermissionswerk und der Sternsinger-Aktion bitten die Veranstalter um Spenden, vor allem für Kinderhilfsprojekte in Libanon. Das Erzbistum Paderborn rief deswegen zu einer ähnlichen Aktion auf. Unter dem Thema "Lichtermeer zur Martins Ehr" sollen Familien bis 12. November Laternen ins Fenster stellen und das Martinsfest begehen.
Erzbischof Becker: Brauchtum und Rituale geben Sicherheit
Das Bistum Essen ermutigt zu Sankt Martins-Feiern im kleinen Kreis.Angesichts der Corona-Maßnahmen könnten viele Veranstaltungen nicht stattfinden, erklärte die Diözese. Es gebe jedoch Möglichkeiten, das Fest alternativ zu begehen. Etwa mit der Aktion "Teile dein Licht!" des Kindermissionswerks "Die Sternsinger". Kinder sollen dafür zwei Laternen basteln, von denen eine verschenkt werden kann. Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker ermuntert zu coronakonformen Martinsfesten in Familien und Kindertagesstätten. "Gelebtes Brauchtum und Rituale schenken Kindern in dieser dunklen Zeit Geborgenheit und Sicherheit", erklärte der Erzbischof.
Auch wenn die großen Umzüge nicht stattfinden könnten, so falle Sankt Martin doch nicht aus, so die Theologin Theresa Kohlmeyer. Parallel zu den Regenbogen, die Kinder und Erwachsene während der ersten Corona-Welle vielerorts in die Fenster malten, könnten Familien Martinslaternen als Zeichen von Freude, Hoffnung und Zuversicht aufstellen. Wer abends durch die Straßen spaziere, könne dann einen privaten Martinszug erleben. Auch das gemeinsame Singen im engen Familienkreis oder das Teilen einer Martinsbrezel seien Ideen, um das Fest zu begehen.
Auch Martin und Bettler hielten wohl Abstand
Auch im Osten Deutschlands gibt man Sankt Martin dieses Jahr nicht ganz auf. Der Weihbischof des Erzbistums Berlin, Matthias Heinrich schreibt in einer Kolumne für die Boulevardzeitung "B.Z.": "Der Heilige Martin saß auf seinem Pferd, der Bettler, dem er die Hälfte seines Mantels gab, lag frierend am Straßenrand. Wenn das Pferd nicht besonders klein war, dürften die 1,5 Meter Abstand eingehalten worden sein." Die Tat des Heiligen sei aber auch aus anderen Gründen aktuell: "Jede und jeder soll so viel geben, wie er geben kann, nach dem christlichen Gebot der Nächstenliebe, 'liebe deinen Nächsten wie dich selbst'". Niemand sei gezwungen, sein eigenes Leben zu gefährden, um anderes Leben zu retten.
Das Erzbistum München und Freising bietet besondere Martinsgottesdienste für Kinder. Die Kinderpastoral der Erzdiözese hat eine Vorlage für eine Martinsandacht in den Kindertageseinrichtungen bereitgestellt. In dem digitalen Andachtsheft wird die Verehrung des Heiligen lebendig mit Liedern, Geschichten und einem Martinsspiel, bei dem die Kinder pantomimisch sein Wirken nacherzählen. Traditionelle Laternenumzüge am Gedenktag des heiligen Martin wie der in München müssen ausfallen. Corona verändere auch das Brauchtum so die Bistümer bundesweit übereinstimmend - aber es wird weiterleben und mit kreativen Lösungen wird der Pandemie getrotzt: "Rabimmel, rabammel, rabumm-bum-bum!"