1520 verbrannte Martin Luther die päpstliche Bannandrohungsbulle

Der Bruch mit Rom: Ein Akt der Befreiung für den Reformator

Gebannt? Verbrannt! Mit einem spektakulären symbolischen Akt vollzog der Wittenberger Reformator Martin Luther vor 500 Jahren den Bruch mit Rom.

Autor/in:
Christiane Laudage
Martin-Luther-Denkmal / © Rainer Fuhrmann (dpa)
Martin-Luther-Denkmal / © Rainer Fuhrmann ( dpa )

Der junge Wittenberger Professor Philipp Melanchthon rief Kollegen und Studenten zu einem spektakulären Happening. Termin: 10. Dezember 1520, morgens um neun Uhr. Dort, wo heute in Wittenberg die Luthereiche steht, sollte an diesem Tag vor 500 Jahren vor dem Elstertor eine Bücherverbrennung stattfinden.

Johann Agricola, ebenfalls ein junger Kollege Martin Luthers, zündete das Feuer an und warf als erstes einige Ausgaben des päpstlichen Rechts auf den Scheiterhaufen, dann verschiedene Schriften von Luthers Gegnern. Zum Schluss trat der Reformator persönlich hinzu und übergab ein Exemplar der päpstlichen Bannandrohungsbulle den Flammen.

Ein symbolischer Akt

Was nicht ins Feuer geworfen wurde, waren Exemplare der Werke von Johannes Duns Scotus und Thomas von Aquin. Der Bibliothekar der Theologischen Fakultät wollte die Bände der berühmten Scholastiker nicht herausgeben, denn sie galten als zu wertvoll im Hinblick auf eine weitere mögliche Verwendung durch Studenten und Professoren.

Diese Bücherverbrennung war ein hoch aufgeladener symbolischer Akt. Generell galt - und das wusste jeder der Anwesenden: Wer die Schriften der Gegner verbrannte, erklärte sie als häretisch. Das war Luther in diesem Jahr selbst auch schon passiert; in Köln und Mainz waren seine Werke erst kurz zuvor öffentlich im Feuer gelandet.

Eine besondere Bedeutung hatte für die Anwesenden, dass Exemplare des Kirchenrechts den Flammen übergeben wurde. Warum? Sie fühlten sich nicht länger daran gebunden. Und das Verbrennen der Bannandrohungsbulle sollte deutlich machen, dass der Papst ihnen nichts mehr zu sagen hatte, sie erkannten seine Oberhoheit nicht länger an. Mit diesem Happening demonstrierten Luther, aber auch seine Mitstreiter ihren Bruch mit Rom. Es war für sie zugleich ein Akt der Befreiung.

Ereignisreiches Jahr

Für den Wittenberger Reformator war das ein Schlussakt in einem ereignisreichen Jahr. Der Papst hatte ihn zum Widerruf aufgefordert und ihm 60 Tage Zeit gegeben, von 41 Sätzen aus seinen Schriften Abstand zu nehmen. Luther hatte dem Druck aus Rom standgehalten. Darüber hinaus hatte er sich, seit er 1517 mit seinen Thesen gegen das Ablasswesen an die Öffentlichkeit getreten war, zu einer im ganzen Deutschen Reich bekannten Persönlichkeit entwickelt.

Er war zum Seelsorger und Medienstar für eine dafür empfängliche Öffentlichkeit geworden. Denn seine Schriften zur Glaubenspraxis, in deutscher Sprache verfasst und an vielen Orten gedruckt, gaben den Menschen Antworten auf ihre Fragen. Innerhalb kürzester Zeit war der Theologieprofessor einer kleinen Universität am Rande des Reiches zum Bestsellerautor geworfen. Die Drucker freuten sich über seine Schriften, sie verdienten viel Geld damit, denn jedes neue Werk wurde ihnen aus den Händen gerissen.

Bruch mit Rom

Das Spektakel vor dem Elstertor in Wittenberg blieb indes nicht ohne Folgen. Anfang Januar 1521 verhängte Papst Leo X. in Konsequenz den Bann über Luther. Er und seine Anhänger waren nun offiziell Häretiker. Zu dieser Zeit arbeitete der Reformator bereits an seinen reformatorischen Hauptschriften, die später als theologische Grundlage des Luthertums dienten. Der Bruch war nun von beiden Seiten endgültig.

Die Bücherverbrennung war ein ikonischer Akt, der in der Folgezeit immer wieder gerne auf Bildern und Drucken dargestellt wurde - wie auch Luthers Auftritt vor dem Reichstag zu Worms, an dessen 500. Jahrestag im kommenden Jahr mit einem umfangreichen Programm erinnert werden soll. Von April bis Oktober seien mehr als 80 Einzelveranstaltungen geplant, teilte die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) Ende Oktober mit. Im Mittelpunkt soll Luthers (1483-1546) Weigerung stehen, seine Kirchenkritik zu widerrufen.


Quelle:
KNA