DOMRADIO.DE: Im Berliner Tagesspiegel gab es am Sonntag ein Interview mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, in dem er die bisher geplanten Weihnachtsgottesdienste infrage stellt. Laschet hat darin dann auch angekündigt, mit den Kirchen sprechen zu wollen. Was erwarten Sie von dem Gespräch?
Dr. Antonius Hamers (Leiter des Katholischen Büros Nordrhein-Westfalen): Ich habe gestern, nachdem ich das im Tagesspiegel gelesen habe, Kontakt mit der Staatskanzlei aufgenommen und habe noch mal gefragt, was wir darunter zu verstehen haben. Daraufhin ist mir dann nochmal mitgeteilt worden, dass es selbstverständlich kein Gottesdienstverbot geben wird und dass der Ministerpräsident auch den Wert des Gottesdienstes, auch des Präsenzgottesdienstes nicht infrage stellt.
Auch in Rücksprache mit den fünf Bistümern in Nordrhein-Westfalen haben wir weiterhin die Position, dass wir nicht einen allgemeinen Verzicht auf Präsenzgottesdienste aussprechen werden und insofern bei unserer Haltung bleiben.
DOMRADIO.DE: Also verboten werden Weihnachtsgottesdienste nicht. Aber manche Pfarreien sind schon so weit, dass sie die Gottesdienste freiwillig ausfallen lassen, ohne Gemeinde feiern oder ins Internet übertragen. Welche Alternativen zur Absage bieten Sie denn als Kirche der Politik an?
Hamers: Es ist wichtig, dass wir verschiedene Möglichkeiten haben. Wir haben sowohl Präsenzgottesdienste, die an vielen Orten mit großer Sorgfalt und mit großem Engagement vorbereitet werden und die insofern auch ein Ort sind, wo Menschen zu Kraft und Zuversicht kommen. Dort können sie auch die Weihnachtsbotschaft noch einmal anders erfahren, als sie das in digitalen Formaten tun.
Selbstverständlich wird niemand dazu gezwungen, sondern es ist in die Eigenverantwortung des Einzelnen gestellt, ob er zum Gottesdienst kommt. Und damit andere, die sagen, wir möchten das nicht, ausreichende Möglichkeiten haben, anderweitig die Weihnachtsbotschaft zu erfahren und den Weihnachtsgottesdienst zu feiern, gibt es unterschiedliche Angebote. Es gibt digitale Angebote, es gibt die Angebote im Rundfunk und im Fernsehen, es gibt die Angebote auf DOMRADIO.DE und es gibt in vielen Bistümern Anregungen dazu, Hausgottesdienste zu feiern.
Wir haben eine breite Palette von unterschiedlichen Möglichkeiten, Weihnachten auch mit einem Gottesdienst zu feiern. Das ist wichtig, dass wir nichts von vornherein ausschließen, sondern ein breites Angebot haben, aus dem die Leute dann eigenverantwortlich auswählen können. Dass dabei insbesondere bei den Präsenzgottesdiensten mit der nötigen Sorgfalt und mit der nötigen Rücksichtnahme vorgegangen wird, steht für uns außer Frage. Wir haben seit dem 1. Mai viele Erfahrungen damit gesammelt, Gottesdienste unter diesen besonderen Bedingungen zu feiern.
Wenn die Verantwortlichen vor Ort, sprich die Seelsorger und die Gremien, zu dem Ergebnis kommen, dass sie dort keinen Gottesdienst feiern können oder feiern wollen, dann wird kein Bischof sie dazu zwingen, das zu tun. Aber gleichzeitig wird auch niemand dazu gezwungen, den Präsenzgottesdienst abzusagen.
DOMRADIO.DE: Gerade zum Weihnachtsfest würden eigentlich viele Menschen in die Kirchen kommen. Das ist zumindest die Erfahrung der letzten Jahre. In der Bevölkerung finden Weihnachtsgottesdienste in diesem Jahr aber ein geteiltes Echo. Einerseits wünschen sich die Menschen, dass das Weihnachtsfest gefeiert werden kann. Andererseits befürwortet auch laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov jeder Zweite ein Verbot von Weihnachtsgottesdiensten. Können Sie das nachvollziehen?
Hamers: Man muss sich ja vorher zu den Gottesdiensten anmelden. Und die Nachfrage dazu legt nahe: Es wird keinen großartigen Ansturm darauf geben. Manchmal meinen die Leute ja, trotz der Situation, in der wir jetzt sind, würden die Menschen in Scharen zu den Gottesdiensten kommen. Das wird aller Voraussicht nach nicht so sein, weil die Leute damit sehr vernünftig und sehr eigenverantwortlich umgehen. Insofern sehe ich auch da kein Problem. Und da kann ich auch allen nur sagen, die jetzt die große Sorge haben, dass dadurch irgendwo große Massenaufläufe entstehen. Ich kann das nur für die katholische Kirche sagen, – das wird bei uns jedenfalls nicht der Fall sein.
Das Interview führte Katharina Geiger.