"Das ist nicht das, was wir als Amerikaner sind. Ich bete für die Mitglieder des Kongresses und die Mitarbeiter des Kapitols sowie für die Polizei und alle, die daran arbeiten, die Ordnung und die öffentliche Sicherheit wiederherzustellen", so Gomez laut einer am Mittwochabend Ortszeit veröffentlichten Mitteilung der Bischofskonferenz.
"Der friedliche Übergang der Macht ist eines der Markenzeichen dieser großen Nation", betonte der Bischofskonferenz-Vorsitzende. "In diesem beunruhigenden Moment müssen wir uns wieder auf die Werte und Prinzipien unserer Demokratie besinnen und als eine Nation unter Gott zusammenkommen."
Erzbischof von Washington kritisiert Trump
Der Erzbischof von Washington, Kardinal Wilton Gregory, rief zu Frieden und Einheit auf. Zugleich übte er Kritik an der Politik. "Der spaltende Ton, der in letzter Zeit unsere nationalen Gespräche so dominiert hat, muss sich ändern. Diejenigen, die zu hetzerischer Rhetorik greifen, müssen eine gewisse Verantwortung für die zunehmende Gewalt in unserer Nation übernehmen", betonte Gregory in einer von der Erzdiözese veröffentlichten Mitteilung.
Die USA seien zur Demokratie berufen, so der Erzbischof. Dazu gehöre, die Meinung anderer zu respektieren und die Menschenwürde derjenigen anerkennen, mit denen man nicht übereinstimme.
Südlicher Baptistenverband macht Trump verantwortlich
Trump müsse die Gewalt verurteilen, forderte James David Greear, Präsident der größten protestantischen Kirche in den USA, des Südlichen Baptistenverbandes. Der Präsident der Universität "Southern Baptist Theological Seminary", Albert Mohler, sagte, Trump sei verantwortlich für das Chaos. Mohler hatte vor der Präsidentenwahl erklärt, er werde für Trump stimmen. Megakirchenpastor Rick Warren verurteilte den Ansturm als Verrat und Terrorismus.
Russell Moore, Präsident der Kommission für Ethik und Religionsfreiheit der Southern Baptist Convention, der größten protestantische Kirche der USA, äußerte sich auf Twitter entsetzt. Der "Mob-Angriff auf unser Kapitol und unsere Verfassung" sei unentschuldbar, schrieb er.
Der leitende Bischof der anglikanischen Episkopalkirche, Michael Curry, zeigte sich bestürzt. Der Ansturm habe die "Integrität unserer Demokratie" bedroht, sagte Curry. Bewaffnete Demonstranten hätten einen Staatsstreich versucht.
Auch jüdische und muslimische Stimmen sehen Verantwortung bei Trump
Der Geschäftsführer des jüdischen Menschenrechtsverbandes Anti-Defamation League, Jonathan Greenblatt, warf Trump vor, er habe zur Gewalt angestiftet. Der Direktor des "Religious Action Center of Reform Judaism", Rabbi Jonah Dov Pesner, nannte die Ausschreitungen einen "nie dagewesenen Angriff (...) auf die amerikanische Demokratie selbst". Der Geschäftsführer des American Jewish Committee, David Harris, schrieb auf Twitter: "Präsident Trump, Sie haben diese Gewalttäter aufgewiegelt. Sie haben demokratische Werte untergraben, indem Sie sich geweigert haben, die Wahlergebnisse anzuerkennen."
Auch die halbamtliche Vatikanzeitung »Osservatore Romano« gibt dem abgewählten US-Präsidenten Donald Trump Schuld an der Gewalt. Die Verantwortung liege bei dem, der mit polarisierenden Reden Tausende mobilisieren könne, schreibt das Blatt in seiner Freitagsausgabe unter Verweis auf Trumps unbewiesene Behauptungen einer Wahlfälschung.
Der Vorsitzende der Europäischen Rabbinerkonferenz, der Moskauer Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, schrieb auf Twitter: "Beten wir für die Vereinigten Staaten, das Land, das die Welt Zivilisiertheit im politischen Diskurs gelehrt hat und wie man demokratische Institutionen aufbaut. Wenn die USA eine Erkältung haben, hat die Welt eine Lungenentzündung." Die muslimische Bürgerrechtsorganisation Council on American-Islamic Relations rief Republikaner und Demokraten dazu auf, den sofortigen Rücktritt des US-Präsidenten zu erzwingen.
Weltkirchenrat fordert Rückkehr zu demokratischen Prozessen
Der Weltkirchenrat hat sich angesichts der gewaltsamen Proteste von Trump-Unterstützern in Washington tief besorgt gezeigt. "Die spaltende populistische Politik der vergangenen Jahre hat Kräfte freigesetzt, die die Grundlagen der Demokratie in den Vereinigten Staaten und - in dem Maße, wie sie ein Beispiel für andere Länder darstellen - in der ganzen Welt bedrohen", sagte der Interims-Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Ioan Sauca, in der Nacht zu Donnerstag. Die Entwicklungen hätten Auswirkungen weit über die amerikanische Innenpolitik hinaus und seien von ernster internationaler Bedeutung.
Der ÖRK forderte ein sofortiges Ende der Gewalt und eine Rückkehr zu etablierten demokratischen Prozessen. Alle Parteien seien aufgerufen, "kurzfristigen politischen Interessen zu widerstehen" und verantwortlich zu handeln. "Wir beten, dass die Kirchen Amerikas mit Weisheit und Kraft ausgestattet werden, um in dieser Krise und auf dem Weg des Friedens, der Versöhnung und der Gerechtigkeit eine Führungsrolle zu übernehmen", sagte Sauca.
Der Präsident und Generalsekretär des nationalen Kirchenrats der USA, Jim Winkler, bezeichnete die Vorgänge als "unerhört, inakzeptabel, beschämend und eine Schande". Der Primas der Anglikanischen Kirche und Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, rief ebenfalls zum Gebet für die USA auf. Auf Twitter nannte er das Land den größten Verteidiger der Demokratie weltweit.
Menschenrechtsorganisationen fordern juristische Schritte
"Trumps Aufstachelung zu Gewalt gefährdet die öffentliche Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte", erklärte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Sie rief den Präsidenten auf, seine Wahlniederlage einzugestehen.
Human Rights Watch pochte auf eine entschlossene Durchsetzung des Rechts durch die Justizbehörden. Angesichts des scharfen Vorgehens gegen die Black Lives Matter-Proteste im vergangenen Jahr, seien nun auch energische Schritte gegen die Randalierer von Washington angezeigt, hieß es.
Notstand in Washington
Hunderte Unterstützer von US-Präsident Donald Trump hatten am Mittwochnachmittag (Ortszeit) das Kapitol in Washington gestürmt, offenbar um das Kongressverfahren zur Bestätigung des gewählten Präsidenten Joe Biden zu stören. Beide Kammern des Kongresses unterbrachen ihre Sitzungen. Washingtons Bürgermeisterin Muriel Bowser rief den Notstand aus und verhängte eine Ausgangssperre für die Nacht; später verlängerte sie den Notstand um 15 Tage bis nach der Amtseinführung Bidens.
Gegen 18.00 Uhr Ortszeit räumten Sicherheitskräfte das Gebäude. Die unterbrochene Sitzung zur Zertifizierung der Wahlergebnisse wurde fortgesetzt. Nach Polizeiangaben starben im Zusammenhang mit den Ausschreitungen vier Menschen, weitere wurden zum Teil schwer verletzt. 52 Menschen seien bei den Ausschreitungen rund um das Kapitol festgenommen worden.
Soziale Medien sperren Trump-Accounts
Die Online-Dienste Facebook, Twitter und Youtube sperrten vorübergehend die Accounts von Donald Trump - dieser hatte seine Anhänger zwar aufgefordert, nach Hause zu gehen, jedoch auch Behauptungen zu vermeintlichem Wahlbetrug wiederholt.