Kein Frieden für Kolumbien in Sicht

Ein neuer Name, die alten Probleme

Die ehemalige Rebellenorganisation FARC gibt sich einen neuen Namen. Derweil versagt die Regierung beim Schutz der Ex-Rebellen. Die UN muss Bogota erneut ermahnen, weil bisherige Appelle bislang wirkungslos verhallt sind.

Autor/in:
Tobias Käufer
Kolumbianische Fahne mit dem Abzeichen der Guerillaorganisation Farc / © Diego Pineda (dpa)
Kolumbianische Fahne mit dem Abzeichen der Guerillaorganisation Farc / © Diego Pineda ( dpa )

Der neue Name soll einen Neustart ermöglichen. Die ehemalige kolumbianische Guerillaorganisation FARC heißt ab sofort "Partido Comunes" (Partei der Gemeinschaftlichkeit). Das beschloss ein Parteitag am Wochenende in der kolumbianischen Millionenstadt Medellin. Ein Grund für die Umbenennung sind die bisherigen schwachen Ergebnisse bei den Wahlen. Die "Armee des Volkes" wie sie sich stets selbst bezeichnete, kassierte bei den bisherigen Urnengängen nach der Unterzeichnung des Friedensvertrages 2016 bis auf wenige lokale Ausnahmen herbe Niederlagen beim Wahlvolk. Die gewalttätige Vergangenheit der ehemaligen marxistischen Guerilla haben viele Kolumbianer nicht vergessen.

Hinzu kommt, dass ein abtrünniger Teil der FARC weiter auf brutale Gewalt und den Drogenschmuggel als Mittel im Kampf für eine sozialistische Revolution setzt. Auch auf Kosten von Zivilisten. Weil dieser fortgesetzte Kampf mit ehemaligen prominenten Farc-Kommandanten wie Ivan Marquez oder Jesus Santrich aber auch auf das Image der jetzigen Farc-Partei abfärbt, entschieden sich die friedlichen Parteimitglieder für eine Umbenennung. Sie hatten sich von dem bewaffneten Kampf der abtrünnigen Farc-Kämpfer, die sich dem Friedensprozess verweigern, ohnehin schon verbal distanziert.

Appelle der Vereinten Nationen verhallten

Der Friedensprozess in Kolumbien bräuchte derweil dringend einen eigenen Neuanfang. Die rechtsgerichtete Regierung von Präsident Ivan Duque versagt beim Schutz von Menschenrechtsverteidigern ebenso wie bei der Garantie des Schutzes von ehemaligen Farc-Kämpfern, die dem bewaffneten Kampf abgeschworen haben. Seit Unterzeichnung des Friedensvertrages sind bereits über 200 ehemalige Rebellen ermordet worden, allein im Jahr 2020 wurden 73 Ex-Kämpfer getötet. Die Hintergründe sind nicht aufgeklärt, die Täter nicht ermittelt. Die Situation ist so schlimm, dass sich die Vereinten Nationen in der vergangenen Woche erneut veranlasst sahen, die Regierung in Bogota an die Verpflichtung zu erinnern, die persönliche Unversehrtheit der Ex-Guerilleros zu garantieren. Bislang verhallten diese Appelle allerdings.

Konkret fordert die UN von Kolumbien die Umsetzung einer Fünf-Punkte-Strategie. Neben der Garantie für das physische Überleben der Ex-Kämpfer und Sozialaktivisten, müssten die Anstrengungen für die Wiedereingliederung der Ex-Guerilleros vorangetrieben, der Staat eine stärkere Präsenz in den von der Gewalt besonders betroffenen Regionen zeigen, die Regierung ein größeres Engagement bei der Umsetzung des Friedensabkommen zeigen und die juristische Aufarbeitung des Konflikts unterstützen.

Eines der gefährlichsten Länder für Menschenrechtsverteidiger

Einschätzungen, die die katholische Kirche im Land seit Jahren teilt. Die interkirchliche Kommission für Gerechtigkeit und Frieden in der von Gewalt besonders betroffenen Pazifik-Hafenstadt Buenaventura berichtete jüngst über Drohungen und Morde gegenüber jenen Kräften, die sich dem Friedensprozess verschrieben haben. Buenaventura gilt wegen seiner strategisch günstigen Lage als ein Umschlagplatz für Drogen.

Der Bischof von Pasto, Juan Carlos Cardenas, forderte jüngst die Autoritäten auf, die "Pandemie der Gewalt" in Kolumbien zu stoppen. Es sei das fundamentale Recht aller, besonders der verwundbarsten Bevölkerungsgruppen wie Kleinbauern, indigene und afrokolumbianische Gemeinden sowie der Frauen und Kinder, dass ihr Leben geschützt werde. Kolumbien ist eines der gefährlichsten Länder weltweit für Menschenrechtsverteidiger. Laut einer Dokumentation von INDEPAZ wurden im Jahr 2020 insgesamt 310 Aktivisten und Menschenrechtsverteidiger getötet.

Im September 2016 hatte die Regierung des damaligen Präsidenten Juan Manuel Santos ein Friedensabkommen mit der Rebellenorganisation FARC geschlossen. Es beendete den mehr als 50 Jahre andauernden Bürgerkrieg. Für seinen Einsatz im Friedensprozess erhielt Santos Ende 2016 den Friedensnobelpreis. Die entwaffnete FARC sitzt inzwischen als politische Partei im Parlament. Im Friedensvertrag sind ihr in den beiden Wahlperioden von 2018 bis 2026 unabhängig vom Wahlergebnis feste Parlamentssitze zugesagt.


Quelle:
KNA
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