Eine theologische Betrachtung zum Fest Darstellung des Herrn

Geduldig und offen bleiben

Geduld und Zuversicht: Diese Haltung können Christen am Fest Darstellung des Herrn vom alten Simeon lernen. Und dass Gott manchmal in ganz anderer Form als erwartet vor einem steht. Eine theologische Betrachtung.

Autor/in:
Fabian Brand
Kerzen an Mariä Lichtmess / © Harald Oppitz (KNA)
Kerzen an Mariä Lichtmess / © Harald Oppitz ( KNA )

Unverhofft kommt oft: Das hatte sich auch ein Jugendlicher gedacht, der seinem Idol einmal ganz nahe sein wollte. Weil es regnete, mussten die Kameraleute ins Trockene flüchten, um ihre Ausrüstung zu schützen. Der Junge nutzte das aus und hatte freie Bahn, um den Chef eines großen Unternehmens um einen Praktikumsplatz zu bitten.

Lange hatte er sich überlegt, wie es wohl möglich sein könnte, sein Anliegen persönlich vorzutragen. Und dann kam alles ganz anders, und auf einmal erfüllte sich der Traum des Jugendlichen ganz spontan. So ist es eben manchmal im Leben und nicht umsonst sagt man ja auch: "Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt."

Dem greisen Simeon, von dem das Lukasevangelium erzählt, ist es vielleicht ganz ähnlich ergangen. Er "wartete auf den Trost Israels" heißt es. Und weil er eben schon ein recht alter Mann war, kann man annehmen, dass er wohl schon recht lange gewartet hat. Wird er denn überhaupt einmal kommen, der Christus des Herrn? Wird er ihn denn wirklich von Auge zu Auge schauen dürfen?

Freilich: Vom Heiligen Geist war Simeon offenbart worden, dass sein Warten nicht vergeblich ist, dass sich erfüllt, was ihm vorgesagt worden ist. Aber allzu menschlich ist es auch, dass man irgendwann ins Zweifeln kommt. Dass man irgendwann anfängt zu fragen, ob das Warten nicht vergeblich ist. Wir können nur mutmaßen, wie oft sich Simeon in seiner Fantasie ausgemalt hat, wie es wohl aussehen wird, wenn er dem Christus des Herrn endlich begegnen darf.

Erfüllte Vorhersage

Unverhofft kommt oft: So jedenfalls mag es auch dem greisen Mann im Tempel ergangen sein, als plötzlich Maria und Josef und das Kind vor ihm stehen. Und er "nimmt das Kind in seine Arme und pries Gott", heißt es im Evangelium weiter. Auf einmal erfüllt sich das, worauf Simeon schon sein ganzes Leben gewartet hat: Er darf den Christus schauen, er darf ihm begegnen, er darf ihn in seinen Armen halten.

Ob er sich es wohl so vorgestellt hat? Ob er wohl wusste, dass der Christus als kleines Kind von armen Eltern in den Tempel gebracht wird? Vielleicht hat er sich diese bahnbrechende Begegnung ganz anders ausgemalt. Weil er eine andere Vorstellung vom Messias hatte, wie sie bei den Propheten des Alten Testaments so oft beschrieben wird. Der Messias, der in Macht und Herrlichkeit erscheint, der Gericht über die Erde hält, der das ewige Friedensreich heraufführt. Und dann sieht Simeon ein schutzbedürftiges Kind im Arm seiner Eltern. Ein unverhofftes Ereignis, das für den greisen Mann zur Erfüllung seines Lebens wird.

Der Christus kommt Simeon entgegen, er muss gar nichts tun, gar nichts planen. Das ist eben so, wenn Gott den Menschen begegnen will: Er kommt zu ihnen, er kommt in ihre Welt, er wird selber Mensch in einem kleinen Kind. Und wir können nichts dazutun, wir können das nicht ändern oder beschleunigen.

Wir müssen warten und uns beschenken lassen von dem Gott, der uns auch heute begegnen will. Von Simeon dürfen wir lernen, wie sich eine innere Haltung der Gelassenheit aufbaut: warten, ohne es infrage zu stellen, ausharren, auch wenn es länger dauert als gedacht. Simeon gibt nicht auf, obwohl er schon ein Mann im fortgeschrittenen Alter ist. Er weiß, dass es sich erfüllen wird. Gott kommt uns in seinem Sohn entgegen, er will uns begegnen. Darauf dürfen wir uns einlassen. Darauf dürfen wir vertrauen.

Begegnung mit Christus

Unverhofft kommt oft: Das gilt auch für unsere Begegnung mit Christus, dem Herrn. Wir müssen nichts machen, wir dürfen einfach da sein und bereit sein für sein Kommen. Wie Simeon dürfen wir einfach nur Ausschau halten und seine Ankunft sehnsüchtig erwarten. Wann und wie er uns begegnen will, das wird sich zeigen.

Eines aber ist für die Begegnung mit Christus unabdingbar: Wir brauchen wache Augen, die ihn erkennen, die seine Gegenwart wahrnehmen, auch wenn wir gerade gar nicht mit ihr rechnen. Denn er kommt zu uns, wenn wir gar nicht mit ihm rechnen. Er ist da, auch wenn wir seine Nähe gerade gar nicht eingeplant haben. Unverhofft will er uns begegnen - manchmal sogar im unscheinbaren Angesicht unserer Mitmenschen.


Darstellung des Herrn im Tempel auf spätgotischem Flügelaltar in der Minoritenkirche in Köln / © Harald Oppitz (KNA)
Darstellung des Herrn im Tempel auf spätgotischem Flügelaltar in der Minoritenkirche in Köln / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA