Katholisches Büro NRW zur Diskussion um "Vordrängler" beim Impfen

Seelsorger nicht priorisieren

Der Fall des Augsburger Bischofs Meier, der sich gegen Corona hat impfen lassen, empört die Gemüter. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz fordert die Bestrafung von "Vordränglern". Wie sieht das der Leiter des Katholischen Büros NRWs?

Symbolbild Impfung / © Pond Saksit (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Augsburgs katholischer Bischof Meier ist regelmäßig als Seelsorger in Pflegeeinrichtungen tätig. Wie sehen Sie das? Ist es berechtigt, ihn als Personal der Einrichtung einzustufen und deshalb zu frühzeitig zu impfen?

Antonius Hamers (Leiter Katholisches Büro NRW): Zu diesem konkreten Fall fehlen mir die Hintergründe und ich weiß auch nicht, inwieweit der Bischof nun in die tagtäglichen Abläufe als Seelsorger miteingeplant und miteingebunden ist. Ich kann Ihnen nur sagen, wie wir das in Nordrhein-Westfalen gemacht haben. Wir haben ganz bewusst davon abgesehen, eine Forderung aufzustellen, dass alle Seelsorger vorzeitig geimpft werden. Der normale Seelsorger ist dann dran, wenn die Ständige Impfkommission das vorgesehen hat.

Wir haben darüber hinaus für die Leute, die in der Sonderseelsorge sind, also Krankenhausseelsorger, Polizeiseelsorger, Notfallseelsorger, uns an das Ministerium gewandt. Dabei haben wir darum gebeten, dass diese Leute dann geimpft werden, wenn die entsprechende Berufsgruppe, für die sie tätig sind, geimpft wird. Das heißt also, dass der Krankenhausseelsorger, wenn er richtig eingebunden ist in die Abläufe eines Krankenhauses, mit dem Krankenhauspersonal geimpft wird, dass der Notfallseelsorger geimpft wird, wenn die Leute aus dem Katastrophenschutz geimpft werden, und dass der Polizeiseelsorger mitgeimpft wird, wenn die Polizisten geimpft werden. Darum haben wir gebeten, das ist das Einzige, was wir ganz bewusst gemacht haben. Auf alle anderen Vorzugsbehandlungen haben wir ganz bewusst verzichtet.

DOMRADIO.DE: Auch wenn es Kritik gibt. Fakt ist ja, dass Seelsorger in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen zum Beispiel auch einer gewissen Infektionsgefahr ausgesetzt sind. Trotz Pandemie ist dieser persönliche Kontakt bei der Seelsorge ja durchaus wichtig, oder?

Hamers: Das ist ohne Zweifel wichtig. Wenn ich Krankenhausseelsorger bin und eben auch Menschen betreue, die an Covid-19 erkrankt sind, dann muss ich mich natürlich dagegen entsprechend schützen können. Es gibt natürlich auch andere Schutzmöglichkeiten, gerade auch im Altenheim. Denn zum Beispiel die Angehörigen werden ja auch nicht alle durchgeimpft, nur weil sie in ein Altenheim gehen, um ihre Angehörigen zu besuchen. Insofern gibt es sicherlich auch andere Schutzmöglichkeiten, aber in manchen Situationen, in besonderen Situationen, jetzt zum Beispiel in der unmittelbaren Krankenhausseelsorge oder eben auch in der Notfallseelsorge, kann es unter Umständen dazu kommen, dass ein normaler Schutz sehr schwer möglich ist und dass dann sicherlich angeraten oder vertretbar ist, dass die Seelsorger geimpft werden.

DOMRADIO.DE: Das heißt, sie halten es generell für angemessen, je nach Einsatzgebiet, Seelsorger bei den Impfungen auch zu priorisieren?

Hamers: Ich sage ausdrücklich, dass sie nicht priorisiert werden sollen. Die Seelsorger, wenn sie für eine bestimmte Berufsgruppe zuständig sind, sollen mit dieser Berufsgruppe zusammen geimpft werden. Das finde ich berechtigt. Wie gesagt, der Krankenhausseelsorger mit dem Krankenhauspersonal, der Notfallseelsorger mit dem Katastrophenschutz und der Polizeiseelsorger mit der Polizei. Ansonsten kommen wir auch in einen Wertungswiderspruch. Sie müssen ja daran denken, wir haben ganz viele Leute, ganz viele Beschäftigte. Dies betrifft zum Beispiel die Erziehungshilfe, unsere Kindertageseinrichtungen, unsere Schulen. Auch dort begegnet das Personal ständig Leuten und setzt sich einer Gefahr aus, sich zu infizieren, insbesondere im Kindertagesstättenbereich, wenn sie mit Kindern in Kontakt sind. Und wir müssen sehr aufpassen, dass wir nicht zum Wertungswiderspruch kommen. Nach dem Motto: Für die Seelsorger fordern wir etwas Besonderes ein, während die anderen Berufsgruppen, die auch einen wichtigen Dienst, auch innerhalb der Kirche und auch innerhalb der Gesellschaft leisten, aus dem Blick geraten. Diese Gruppen sind ja, Gott sei Dank, schon zum Teil mitpriorisiert, innerhalb der unterschiedlichen Gruppierungen, die die Ständige Impfkommission aufgestellt hat. Aber da müssen wir sehr genau aufpassen, dass wir da die anderen nicht aus dem Blick verlieren.

DOMRADIO.DE: Es wurde jetzt im Fall von Bischof Meier gesagt, die Impfdosis sei auch übrig gewesen. Trotzdem wird kritisiert, er habe sich möglicherweise vorgedrängelt. Das ist jetzt auch eine andere Diskussion. Aber immer wieder werden ja Fälle bekannt, dass sich Menschen unberechtigt impfen lassen. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz fordert unter anderem die Bestrafung von "Vordränglern". Finden Sie das verhältnismäßig?

Hamers: Wenn jemand bestraft werden soll, müsste ein entsprechendes Strafgesetz dafür auf den Weg gebracht werden. Das hielte ich jetzt für überzogen. Es muss darauf geachtet werden, dass diejenigen, die für das Impfen zuständig sind, darauf achten, dass man sich wirklich streng nach den Vorgaben der Ständigen Kommission richtet. Und wenn es sogenannten übrigen Impfstoff gibt, dann muss es doch eine andere Möglichkeit geben, diesen Impfstoff zu impfen, und zwar an die Leute, die dann in der nächsten prioritären Gruppe sind. Und dann finde ich es nicht nachvollziehbar, irgendjemanden rauszusuchen und zu sagen: Komm her, wir haben noch eine Impfdosis übrig, die kriegst du jetzt. Da glaube ich, ist letztlich eine Frage der Organisation. Aber jetzt mit dem Strafrecht zu drohen: Ich wüsste auch nicht, wie das möglich sein sollte, jetzt erst ein Strafgesetz dafür zu erlassen, um dann die Leute zu bestrafen. Das hielte ich doch ein bisschen weit hergeholt.

Das Interview führte Julia Reck.


Antonius Hamers / © Nicole Cronauge (Katholisches Büro NRW)
Quelle:
DR
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