Der lange Atem als Marathonläuferin wird Beate Gilles wohl in ihrem neuen Amt nützen: Die 50-Jährige wird ab 1. Juli die erste Generalsekretärin der katholischen Deutschen Bischofskonferenz.
Zugleich übernimmt sie die Geschäftsführung des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD) mit einem Jahresetat von rund 120 Millionen Euro. Die Bischöfe wählten sie am Dienstag als Nachfolgerin von Pater Hans Langendörfer. Gilles ist die erste Frau und Nicht-Geistliche an der Spitze des Sekretariates.
"Es ist ein großer Schritt, diese Stelle anders zu besetzen", sagte sie nach der Bekanntgabe bei der digitalen Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe. Dem Vernehmen nach wurde sie im dritten Wahlgang gewählt. Sie sprach von einer herausfordernden, "aber auch spannenden Phase für die katholische Kirche in Deutschland".
Respekt und Erfahrung muss sie sich erarbeiten
Gilles kann ihre Rolle als Generalsekretärin zunächst noch nicht so souverän interpretieren wie ihr Vorgänger, der ein Vierteljahrhundert lang manche Fäden in der Hand hielt. Respekt und Erfahrung muss sie sich erarbeiten. Aber sie weiß jetzt schon, wie die mit Geld, Personal und Strukturen vergleichsweise gut ausgestattete katholische Kirche in Deutschland "tickt".
Von 2000 bis 2010 war sie Leiterin und Geschäftsführerin des Katholischen Bildungswerkes Stuttgart. 2010 wechselte sie ins Bistum Limburg als Dezernentin für Kinder, Jugend und Familie - damals noch unter Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, der dann nach der Aufregung um die teure Bischofsresidenz 2014 seinen Posten räumen musste.
Mit dessen Nachfolger und jetzigem Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Georg Bätzing, scheint Gilles ein eingespieltes Team zu sein. Im Internet gibt es ein Foto, das sie und den Limburger Generalvikar Wolfgang Rösch auf einem Tandem sitzend zeigt - mit Gilles am Lenker. Das Bild soll den Einsatz für Frauen in Führungspositionen im Bistum unterstreichen.
Bätzing bezeichnete ihre Wahl als starkes Zeichen, "dass die Bischöfe ihrer Zusage nachkommen, Frauen in Führungspositionen zu fördern". Gilles gelte als profunde Theologin, stark in den Strukturen der Kirche vernetzt und mit besten organisatorischen Fähigkeiten ausgestattet.
Diplomatische Geschicke nötig
Auch wenn die am 2. Mai 1970 in Hückeswagen im Bergischen Land geborene Gilles den Südwesten der Republik gut kennt, muss sie noch diverse Bistümer erforschen und für sich gewinnen. Helfen wird ihr dabei ihre vermittelnde, unprätentiöse Art. Diplomatische Geschicke werden ihr auch bei der anhaltenden Spar-Diskussion im VDD helfen, die sie nach eigenen Worten gut kennt und aktiv weiterführen will.
Gilles studierte von 1989 bis 1995 katholische Religionslehre und Deutsch an der Universität Bonn. Im Anschluss betätigte sie sich dort wissenschaftlich bis 1999 als Mitarbeiterin am Seminar für Liturgiewissenschaft. 2000 promovierte sie mit einer Arbeit zu Gottesdienstübertragungen in den Medien. Bis zu diesem Zeitpunkt war Gilles bereits freie Referentin in der theologischen und religiösen und religiösen Erwachsenenbildung und freie Mitarbeiterin bei der Katholischen Fernseharbeit des ZDF.
Im Bistum Limburg hat Gilles im Auftrag von Bätzing eine viel beachtete Projektgruppe geleitet, die sich unter anderem mit der Frage der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare befasste. Sie findet es nach eigenem Bekunden gut, dass heute viel offener über solche Themen diskutiert werden kann als noch vor wenigen Jahren.
Gilles ist seit wenigen Monaten Beauftragte der hessischen Bistümer im Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks. Sie ist zudem seit 2020 ehrenamtliche Bundesvorsitzende von IN VIA Deutschland, dem katholischen Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit, dessen stellvertretende Vorsitzende sie bereits von 2012 bis 2019 war.
Die 50-Jährige - unverheiratet und ohne Kinder - wird von Weggefährten als Glaubende mit spürbarer spiritueller Dimension beschrieben - und als selbstbewusste Frau. Über die oft lautstarke Reforminitiative Maria 2.0 sagt sie, die dort engagierten Frauen stünden in der Mitte der Kirche - und klingt mit dieser Umschreibung kaum anders als viele Bischöfe. Mit dem Synodalen Weg sei eine Möglichkeit gefunden worden, miteinander ins Gespräch zu kommen, "was über viele Jahre überhaupt nicht möglich gewesen ist". Und: Die Kirche solle bei der innerkirchlichen Debatte nicht die gesellschaftspolitischen Themen aus dem Blick verlieren.