In der Pandemie kann einem schon mal die Decke auf den Kopf fallen. Was macht man, wenn man einen Tapetenwechsel braucht? Einfach mal Urlaub ist ja keine wirkliche Option. Der Grazer Priester Dalibor Milas hat sich im vergangenen Sommer entschieden, einfach mal den Beruf zu wechseln, aus dem Priester wurde ein Kellner. Aber das war leichter gesagt, als getan.
"Als ich angerufen habe, dachten die Leute das wäre ein Scherz, die haben mich nicht ernst genommen", erinnert sich der kroatisch-stämmige Geistliche mit einem Lachen. Einen Teilzeit-Job als Priester zu finden, ist nicht so einfach. Als Putzkraft habe er sich beworben, für Lieferjobs oder in der Gastronomie. Er habe nie verschwiegen, dass er katholischer Priester sei, habe es aber auch nicht hervorgehoben. Trotzdem hagelte es Absage nach Absage. Begründungen dafür gab es übrigens keine. Erst, als er die Priesterweihe aus seinem Lebenslauf gestrichen hat, klappte es dann mit dem Job.
Putzkraft und Kellner
An einem Tag bekam Milas gleich zwei Angebote. Ein Teilzeitjob in einer Reinigungsfirma, und ein Angebot als Servicekraft in einem namhaften Grazer Café. Beides probierte er aus, gibt aber offen zu, dass ihn das Fensterputzen weniger faszinierte, als die Arbeit in der Gastronomie.
Ist es schwierig, sich von einem geistigen Beruf wie dem Priesteramt bzw. Seelsorger auf die direktere, körperliche Arbeit im Café umzustellen? Gar nicht so wirklich, sagt Milas. "Man kann alles lernen", überhaupt sei der Beruf gar nicht mal so anders, weil es im Endeffekt doch immer um die Menschen geht, und darum ihnen zu dienen. "Man muss freundlich sein, mit den Menschen nett umgehen, dann kann man das alles schaffen."
Café oder Kirche?
In gewisser Hinsicht ist für ihn das Café sogar viel eher als Ort für seelsorgliche Gespräche geeignet als die Kirche. Die Gäste haben ihm viele persönliche Geschichten erzählt, die er als Priester vielleicht nie erfahren hätte. Beim Kaffee seien die Leute viel entspannter. Milas findet sogar, dass er seine priesterliche Berufung dort besser Ausleben kann als in der Kirche, wo ihm die Menschen dann doch gehemmter begegnen. "Ich bin als Priester nichts Besonderes. Ich versuche nur die Freude, Hoffnung oder Angst im Leben mit den Menschen zu teilen. An solchen Orten wie im Café findet Kirche also wirklich statt."
Von seiner "geheimen Identität" als Priester haben die Kollegen im Café dann aber doch erfahren, wenn auch durch Zufall. Hauptberuflich arbeitet Milas als Spiritual, also in der Priesterausbildung. Eines Tages tauchte dann eine Gruppe seiner Schüler im Café auf. Da war dann mit den heimlichen Zweitjob Vergangenheit. "Der Manager dachte am Anfang, das sei ein Witz", erinnert er sich.
Kollegin geht auf Abstand
Es gab aber nicht nur Lachen und Freude, als die Kollegen erfahren haben, dass er eigentlich Priester ist. Eine ältere Kollegin, eine Muslima, ging auf Abstand. Die beiden hatten sich bis dahin eigentlich gut verstanden. "Sie sagte: Ich will mit dir nicht über Glauben reden." Die Kollegin hatte Angst, Milas wolle sie zum katholischen Glauben bekehren.
Das Missverständnis konnte dann aber doch relativ schnell aus der Welt geschafft werden. Im Moment kann Dalibor Milas wegen des Lockdowns nicht im Café arbeiten. Der Kontakt zu den Kollegen blieb aber bis heute erhalten – und er ist sich sicher: Sobald es möglich ist, will er auch weiter im Café arbeiten.
Renardo Schlegelmilch.
Zur Info: Im Interview spricht Dalibor Milas hier zum Nachhören. Auf feinschwarz.net schreibt er einen Erfahrungsbericht zu seinen Erlebnissen als Kellner im Caféhaus.