Theologe zur Suizidhilfe

"Suizidhilfe widerspricht aufrichtender Barmherzigkeit"

Sowohl die Suizidassistenz wie auch die Entscheidung zum Suizid widersprechen aus Sicht des Theologen Günter Thomas "der aufrichtenden Barmherzigkeit Gottes". Die Entscheidung zum Suizid sei ein Urteil, dass das eigene Leben nicht lebenswert sei.

Symbolbild Sterbehilfe / © NATNN (shutterstock)

"Angesichts der aufrichtenden Barmherzigkeit Gottes ist der Entschluss zum Suizid ein trauriges Fehlurteil", schrieb der Experte für Ethik und Fundamentaltheologie an der Evanglisch-theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum in einem Gastbeitrag für faz.net (Sonntag).

Die Selbstbestimmung des Menschen finde ihre Grenze in der Barmherzigkeit Gottes, "wenn sie selbst unbarmherzig vernichtend wird". Die Barmherzigkeit Gottes "bindet aber auch die Menschen in der Umgebung, das Fehlurteil nicht zu verurteilen, sondern beziehungsintensive und darin lebensbewahrende Umgebungen zu schaffen". Wer wegen "des himmlischen Traums einer unbedingten Selbstbestimmung den Gedanken des Fehlurteils nicht festzuhalten vermag", der werde "letztlich das Tor zur Tötung auf Verlangen nicht geschlossen halten können".

Traurige Fehlurteile

Dass es Situationen gebe, "in denen ein Arzt und eine den Tod wünschende Person zu dem Schluss kommen - mit dem Wissen, schuldig zu werden, - am Fehlurteil festzuhalten, markiert eine anzuerkennende Grenzlage menschlichen Verstehens", argumentiert Thomas. "Eine evangelisch-kirchlich flankierte Suizidassistenz würde aber die Möglichkeit und Wirklichkeit trauriger Fehlurteile bestätigen und befördern."

Der Theologe äußerte sich in der von seinen drei evangelischen Fachkollegen Reiner Anselm, Isolde Karle und Ulrich Lilie zu Jahresbeginn angestoßenen Debatte darüber, einen assistierten professionellen Suizid auch in kirchlichen Einrichtungen zu ermöglichen. Die Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und die katholische Deutsche Bischofskonferenz hatten sich ablehnend dazu geäußert.

Auch der frühere EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber und der frühere Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Peter Dabrock, hatten sich gegen den Suizid als "Normalform des Sterbens" gewandt.

Umstrittenes Urteil

Hintergrund ist, dass das Bundesverfassungsgericht im Februar 2020 das Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung gekippt hatte. Die Selbsttötung gehöre zum Recht auf Selbstbestimmung, so die Karlsruher Richter. Das schließe auch die Hilfe Dritter ein.


Quelle:
KNA