DOMRADIO. DE: Schwester Hermenegild, die Bischofskonferenz in Südafrika hatte bisher zwei weibliche Generalsekretärinnen. Trotzdem waren sie die Erste, die offiziell gewählt wurde, oder?
Sr. Hermenegild Makoro CPS (Ehemalige Generalsekretärin der südafrikanischen Bischofskonferenz): Die südafrikanische katholische Bischofskonferenz SACBC umfasst drei Länder: Südafrika, Botswana und Eswatini. Ja, ich war offiziell die Erste. Obwohl ich immer sage, dass es noch eine Schwester vor mir gab, die in den 80ern stellvertretende Generalsekretärin war. Der Generalsekretär war damals immer wieder im Gefängnis und deshalb hat sie die ganze Arbeit gemacht. Trotzdem wurde sie nie offiziell als Generalsekretärin ernannt - ich weiß nicht, warum. Jedenfalls hat sie einen sehr guten Job gemacht.
Also war ich dann vor neun Jahren die erste Generalsekretärin, die offiziell ernannt wurde.
DOMRADIO.DE: In der Deutschen Bischofskonferenz sind wir gerade erst an dem Punkt angekommen, eine weibliche Generalsekretärin zu bekommen: Beate Gilles. Warum gibt es nur wenige Frauen in dieser herausgehobenen Position?
Sr. Hermenegild: Zunächst einmal freue ich mich sehr für Frau Gilles. Ich denke, sie wird eine wundervolle Arbeit leisten. Aber das ist einfach, wie die katholische Kirche ist: Es gibt die Mentalität, dass männliche Kleriker Positionen wie diese bekommen sollten. Für mich ist das wirklich unglücklich. Es ist unglücklich, weil ich nicht denke, dass Männer diese Arbeit besser machen als irgendeine Frau. Die Frau würde dieselbe Arbeit machen. Als ich zur Generalsekretärin gewählt wurde, habe ich gesagt: Wenn die Bischöfe mich zum Schmuck machen, um zu sagen, dass sie jetzt eine Frau haben, dann werde ich ein Problem damit haben. Aber ich weiß, dass sie mich ernannt haben, weil ich in der Lage dazu war, die Position auszufüllen. Das habe ich in den letzten neun Jahren gemacht und ich bin stolz darauf.
Um genau zu sein, war ich sogar die erste der südafrikanischen Generalsekretäre überhaupt, die drei Amtszeiten hatte. Das war für mich ein Zeichen dafür, dass die Bischöfe zufrieden mit meiner Arbeit waren und dass ich einen guten Job gemacht habe. Sie hätten mich schließlich nicht für neun Jahre in dieser Position behalten, wenn ich keine gute Arbeit geleistet hätte. Die Arbeit ist genauso herausfordernd wie jede andere Arbeit. Herausforderungen begegnet man, wohin auch immer man geht. Es gab aber nicht mehr Herausforderungen, weil ich eine Frau bin.
In diese normalen Herausforderungen musste ich viel meiner Zeit stecken, wie in jedem anderen Job auch. Von Beruf bin ich Lehrerin. Im Klassenraum musste ich auch immer alles geben, was ich hatte. Das Gleiche kam hier zu tragen. Ich musste den Job sehr ernst nehmen. Die Arbeit ist fordernd und man muss wirklich 24/7 da sein.
Meine Erfahrung mit den Bischöfen war, dass sie mich ganz und gar akzeptiert haben. Das war kein Witz, dass sie mich ernannt haben. Sie waren da, um mich zu unterstützen. Ich war da, um mit ihnen zu arbeiten. Sie haben mich in meiner Position als Generalsekretärin respektiert. Ich habe sie herausgefordert, wenn es nötig war. Als ich aufgehört habe, hat Kardinal Napier gesagt, dass die Berichte, die ich ihnen auf den Plenarsitzungen gegeben habe, kein Berichte waren, die ausgesagt haben: "Wir haben das getan. Wir haben das getan." Es war immer etwas, das sie herausgefordert hat: "Was ist es, was Sie als Bischöfe in unserer Region noch tun können?"
DOMRADIO. DE: Hatten Sie den Eindruck, dass Ihr Frausein die Arbeit mit den Bischöfen in irgendeiner Art und Weise beeinflusst hat?
Sr. Hermenegild: Es war eine ganz normale Arbeit. Ich konnte hingehen und mich mit allen Bischöfen auf dem Kontinent treffen. Ich hatte überhaupt keine Probleme. Ich war als Frau mitten unter ihnen. Selbst international habe ich mich nie fehl am Platz gefühlt.
DOMRADIO. DE: In Deutschland gibt es Bewegungen, die mehr Frauen in höhere Ämter der Kirche bringen möchten. Gibt es diese Diskussionen auch in Südafrika?
Sr. Hermenegild: Die Leute fühlen, dass mehr getan werden könnte. In unserer Bischofskonferenz werden die meisten Kommissionen von Frauen geleitet, Ordensfrauen oder Laienchristinnen. Wir haben in Südafrika nicht so viele Berufungen. Wir haben welche, aber die werden mehr in den Pfarreien gebraucht. Vielleicht ist das ein Grund, warum mehr Frauen zur Verfügung standen, um die Verwaltungsarbeit zu machen.
Ich weiß, dass es den Ruf einiger Frauen danach gibt, mehr Verantwortung zu bekommen. Ich für meinen Teil habe mein ganzes Leben in der Diözese von Mthatha gearbeitet, wo ich niemals das Gefühl hatte, dass ich mehr leisten müsste, weil ich eine Frau bin. Ich habe gearbeitet und der Priester hat mich respektiert. Ich habe gut mit den Priestern in der Bischofskonferenz zusammengearbeitet.
Wenn es darum geht, Frauen zu Diakoninnen zu weihen, sage ich: Wenn es eine echte Berufung ist, dann ist es mir egal. Wenn wir Frauen als Diakone oder Priester bekommen sollten, habe ich kein Problem damit. Aber nur, wenn es eine Berufung ist. Nicht einfach deshalb, weil wir als Frauen eine gleiche Chance bekommen müssen.
Wenn eine Frau in der Lage dazu ist, eine bestimmte Arbeit zu machen, dann muss die Frau auch die Gelegenheit dazu bekommen.
Ich bin sicher, dass die deutschen Bischöfe Frau Gilles ernannt haben, weil sie gesehen haben, dass sie für die Arbeit geeignet ist. Für mich ist das das Wichtigste.
DOMRADIO.DE: Sie haben die Diskussion um die Priester- oder Diakonenweihe für Frauen schon angesprochen. Gibt es diese Forderungen in Südafrika auch?
Sr. Hermenegild: Es ist eine Diskussion unter Weißen. In der schwarzen Elite wird nicht viel darüber geredet. Ich selbst bin dankbar, dass ich für die Kirche gearbeitet habe. Ich habe der Kirche als Frau einen guten Dienst geleistet. Selbst in der Konferenz haben die Bischöfe zu mir gesagt: "Wissen Sie, es ist wichtig, eine Frau unter uns zu haben. Denn die Art und Weise, wie ihr die Dinge seht, unterscheidet sich von der Art und Weise, wie Männer denken. Als Frau gehst du die Sachen vom Herzen her an." Ich habe den Bischöfen immer gesagt: "Ich verstehe, dass das Gesetz das und das sagt. Aber vielleicht können wir ein bisschen anders auf die Sache schauen: als mitfühlende Person."
Natürlich muss jemand diszipliniert werden, der Disziplin braucht. Aber gleichzeitig sollte es eine Disziplinierung sein, die von Herzen kommt. Das ist die Perspektive, die eine Frau in den ganzen Dienst der Kirche mit einbringen kann. Ich war wirklich begeistert, als Papst Franziskus von der Kirche als Mutter gesprochen habe. Für mich bringt das zum Vorschein, wie die Kirche sein sollte: wie eine Mutter.
Ich freue mich, dass Beate Gilles ernannt wurde. Ich kann Ihnen sagen, dass sie eine ganz andere Stimmung in die Bischofskonferenz bringen wird - und um ein bisschen zu tuscheln: Die Bischöfe benehmen sich auch besser, wenn eine Frau sagt: Könntet ihr bitte das und das machen.
DOMRADIO.DE: Lassen Sie uns über die Weltkirche sprechen: Mit Schwester Nathalie Becquart wird es eine Frau geben, die nicht nur Bischöfe berät, sondern auch aktiv bei den Bischofssynoden mit abstimmt. Ist das ein guter Anfang für mehr weibliche Leitung und Entscheidungsfindung in der Kirche?
Sr. Hermenegild: Als ich das gelesen habe, habe ich gesagt: Ich wünsche mir, wir könnten Papst Franziskus 20 Jahre jünger machen. Er erkennt die Expertise der Frauen an. Sie haben studiert und sind hoch kompetent. Warum sollten sie nicht das zum kirchlichen Leben beitragen können, was sie haben. Ich denke, es ist ein guter Anfang. So wird es weiter und weiter gehen. Es wird immer mehr Frauen in höheren Positionen in den Teilkirchen geben. Denn wenn es einmal auf der weltkirchlichen Ebene passiert, dann muss sich jeder bewegen.
Es ist Zeit für die Kirche, sich vorwärts zu bewegen und Frauen in die Ämter der Kirche einzusetzen. In all unseren Dikasterien brauchen wir Frauen. Wenn Sie einen Blick hineinwerfen, stellen Sie fest, dass der größte Teil der Arbeit von Frauen gemacht wird. Warum können sie nicht auch Teil des Entscheidungsprozesses sein? Es kann viel passieren, wenn die Kirchenleitung dafür offen ist. Wenn eine Frau dazu in der Lage ist, wenn eine Person dazu in der Lage ist, dann muss ihr die Chance gegeben werden, die Talente zu nutzen, die sie hat.
Das Gespräch führte Gerald Mayer.
Die englischsprachige Originalfassung finden Sie hier/english version here.